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Kosten für Privatparty falsch gebucht

Vorsteher des Landesverbandes Lippe unter Druck - Sitzung abgebrochen

Joachim Bünemann bezieht als Beamter mehr als 6000 Euro im Monat.

Von Christian Althoff
Lemgo (WB). Der Vorsteher des Landesverbandes Lippe, Joachim Bünemann (54), soll nicht nur die Hochzeitsfeier seiner Tochter indirekt mit öffentlichen Mitteln finanziert haben. Die Staatsanwaltschaft Detmold hat ihre Ermittlungen wegen Verdachts der Vorteilsnahme gestern ausgeweitet und überprüft nun auch die private Feier zu Bünemanns 50. Geburtstag. Auch diese soll der Beamte über den Landesverband abgerechnet haben.
Der Verband (198 Mitarbeiter), der das Vermögen des früheren Landes Lippe verwaltet, hatte am 9. April 1992 einen Empfang für seinen Vorsteher Joachim Bünemann auf Schloss Brake in Lemgo ausgerichtet. Anschließend fand in Bünemanns Haus eine Feier im privaten Freundes- und Familienkreis statt. Das Essen für die Privatparty lieferte das Burghotel Blomberg. Die Rechnung über mehr als 1500 Euro soll Bünemann aber nie bezahlt haben. Stattdessen sollen das Burghotel und das ebenfalls verbandseigene Hotel Zum Stern (Horn-Bad Meinberg) jeweils die Hälfte des Betrages als Werbungskosten verbucht haben - wie angeblich schon ein Jahr zuvor anlässlich der Hochzeit von Bünemanns Tochter, als dieser die 5000 Mark für das Festessen nicht bezahlt haben soll.
Zum Auftakt der gestrigen, routinemäßigen Sitzung der Verbandsversammlung auf Schloss Brake erklärte Bünemann, er werde sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Dann wollte der Sozialdemokrat zur Tagesordnung übergehen, doch die Fraktionen von CDU und Grünen beantragten, Bünemann möge bis zum Abschluss der Ermittlungen sein Amt ruhen lassen. Als dieser das ablehnte, verließen die CDU- und Grünen-Abgeordneten den Saal und ließen die Sitzung platzen. CDU-Fraktionschef Dieter Mesch: »Wir haben von den Mitarbeitern des Landesverbandes in den vergangenen Jahren massiven Verzicht verlangt und sogar Menschen entlassen müssen. Wenn dann die Mitarbeiter erfahren, dass ihr Chef unter dem Verdacht der Vorteilsnahmen steht, ist das ein Schlag ins Gesicht.« Die politische Kultur gebiete es, dass Bünemann bis zur Klärung des Falls den Verband nicht mehr führe.
Noch am Vorabend der gestrigen Sitzung hatte Mesch nach eigenen Angaben versucht, die Situation zu entspannen. Er habe Bünemann gebeten, entlastende Unterlagen wie Quittungen oder Kontoauszüge vorzulegen. »Aber da kam keine Reaktion.«

Artikel vom 21.09.2006