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»Am besten wäre, wir würden die
Studienbeiträge zurückgeben«

Einst war er Schaufenstergestalter, dann als ständiger Freier Mitarbeiter für den WDR aktiv. Schließlich landete er an der Fachhochschule Bielefeld. Prof. Kurt Johnen, 1944 in Wiesbaden geboren, ist heute Dekan im Fachbereich Sozialwesen der FH. Er beschäftigt sich vor allem mit Ästhetik und Kommunikation sowie mit audiovisuellen und visuellen Medien. Im Fachbereich Gestaltung gibt er zudem vier Semesterstunden im Fach Videodesign. Kurt Johnen stellte sich für Scheinfrei den Fragen von Laura-Lena Förster.

Mit welchem Verkehrsmittel kommen Sie zur FH?Johnen: In der Regel mit der Straßenbahn, sie hält vor meiner Haustür. Ich muss umsteigen am Rathaus, und dann hält die Straßenbahn vor der Fachhochschule in der Kurt-Schumacher-Straße. Besser geht es nicht.

Was ist Ihr Lieblingsgericht mittags während der Arbeit?Johnen: Da bleibt mir nur die Mensa, die in der Kurt-Schumacher-Straße. Das ist wahrscheinlich die beste von Bielefeld. Wenn mir das Hauptgericht nicht schmeckt, nehme ich mir die Beilagen.

Wann war Ihre letzte Studentenparty?Johnen: Da muss ich lange überlegen. Das war wohl Anfang der 80er Jahre -Êals man mich noch für einen Studenten hielt?

Was haben Sie vor 20 Jahren auf die Frage geantwortet, wo Sie sich in zwei Jahrzehnten sehen?Johnen: Auf die gleiche Frage vor 40 Jahren antwortet ich dem Hausmeister der Kunsthochschule als Student: Ich will Professor werden.
Vor 20 Jahren wollte ich dann nur noch weg aus Bielefeld in eine größere Stadt.

Wie sind Sie zur Fachhochschule gekommen?Johnen: Damals mit dem Bus. Im Ernst: Nachdem ich als Freier Mitarbeiter beim Westdeutschen Rundfunk fast sieben Jahre in unterschiedlichsten Bereichen und an ständig wechselnden Themen gearbeitet hatte, wollte ich mehr Beständigkeit und sah dies als Wissenschaftler und Praktiker für Medien an einer Hochschule als einlösbar an. Die erste Zusage traf aus Bielefeld ein, da bin ich halt hier gestrandet.

Was machen Sie lieber: lehren oder forschen?Johnen: Der Umgang mit jungen Talenten und solchen die es werden wollen ist mir mehr als wichtig, deswegen heißt meine Antwort: das Lehren. In der Regel versuche ich beides miteinander zu verbinden: Lehrforschung auf Praxisfelder zu beziehen mit Themen, die für mich ebenso spannend sind wie für die Studierenden.

Was gefällt Ihnen besonders gut an der Fachhochschule Bielefeld? Was weniger?Johnen: Positiv ist die bis jetzt vorhandene Gestaltungsfreiheit in der Lehre, die aber durch die neuen Bachelor-Studiengänge mit ihrer Verkürzung des Studiums und der damit einher gehenden Verschulung durch die Festschreibungen der zu vermittelnden Inhalte einge-























schränkt wird. Negativ ist, dass mit dem sogenannten















Hochschulfreiheitsgesetz das
Gegenteil passiert. Die Freiheit wird ersetzt durch quantitative Messgrößen und entsprechende Datenerhebungen, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Das lähmt.

Was erhoffen Sie sich für Ihren Fachbereich von Studiengebühren?Johnen: Am besten wäre, wir würden die Studienbeiträge den Studierenden wieder zurückgeben, denn ich bin gegen die zusätzliche Verschul- dung eines großen Teils der akademischen Bevölkerung, an der vor allem die Banken verdienen werden. Denn ob der Rest der Gebühren, die direkt oder indirekt den Fachbereichen zugute kommen werden, in Zukunft wirklich für die konkrete Lehre genutzt wird, muss sich erst noch beweisen. Es gibt zu viele Schlupflöcher, mit denen man die Gelder umfunktionieren kann.

Warum sollten junge Menschen studieren?Johnen: Bei immer knapper werdenden Arbeitsplatzressourcen wird eine hochwertige und häufig spezialisierte Ausbildung immer wichtiger. Andererseits brauchten wir den allseitig gebildeten Menschen mehr denn je, der gelernt hat, sich auf unterschiedliche Situationen einstellen zu können, die gelernt haben, die gestellten Aufgaben von den verschiedensten Seiten zu betrachten.

Wenn Sie noch einmal Student wären, für welches Fach würden Sie sich entscheiden?Johnen: Ich würde wieder an einer Kunsthochschule studieren wollen und mich wieder für den gleichen Weg entscheiden. Weil ich heute noch immer zufrieden bin mit meinem Weg.

Welches Buch halten Sie im Studium für unverzichtbar?Johnen: Man sollte das Leben lesen können.

Inwieweit erfahren Sie seitens Ihrer Familie Unterstützung für Ihren Beruf?Johnen: Ich arbeite zuviel. Und das findet die Familie nicht immer gut für mich.

Artikel vom 07.11.2006