20.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Führender Soziologe
folgt Ruf an neue Uni

Klaus Hurrelmann wird Gründungspräsident in Berlin

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Die Uni Bielefeld verliert einen herausragenden Wissenschaftler: Prof. Dr. Klaus Hurrelmann geht nach Berlin. Der renommierte Sozial- und Gesundheitswissenschaftler wird Gründungspräsident einer Deutschen Universität für Weiterbildung (DUW).

Hurrelmann habe sich entschieden, den Ruf in die Hauptstadt anzunehmen, sagte gestern Kerrin Zielke von der Freien Universität (FU) Berlin, die - zusammen mit dem Stuttgarter Klett-Verlag - die DUW einrichtet. Zum Start der ersten Einrichtung ihrer Art im Herbst 2007 ist an ein Angebot gedacht, das herkömmliches Präsenzstudium und Fernstudium kombiniert.
Dass Hurrelmann in Berlin »Großes vorhat«, sieht man an der Bielefelder Universität mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Rektor Dieter Timmermann meinte in einer ersten Stellungnahme: »Die Hochschule darf sich geehrt fühlen, dass der Blick auf einen ihrer Wissenschaftler fiel. Leider verliert Bielefeld damit auch einen führenden Kopf, der die gesundheitswissenschaftliche Fakultät zu einer Instanz von hohem Rang gemacht hat.«
FU-Präsident Prof. Dieter Lenzen ist glücklich über die Zusage aus Bielefeld: »Prof. Hurrelmann ist ein hochqualifizierter Sozialwissenschaftler und ein kompetenter Spezialist für Weiterbildung. Er verfügt er über breite Erfahrungen beim Aufbau von Organisationen.« Die FU aus der DUW einen finanziellen Nutzen - ihre Professoren erhoffen sich zahlreiche Lehraufträge -, ist stärker in der Öffentlichkeit präsent und profitiert von der Praxisnähe. »Durch die Kooperation erfüllen wir auch unsere gesetzliche Verpflichtung zur Weiterbildung«, erklärte Lenzen.
Wissenschaftliche Exzellenz paart sich mit Weiterbildungskompetenz: Die FU soll in der DUW »qualitative Akzente in Lehre und Forschung setzen«, Klett will seine Erfahrung als Anbieter von (auch elektronischem) Lehrmaterial in das gemeinsame Projekt einbringen. Wann immer die Position von Kindern und Jugendlichen inmitten sozialer Konfigurationen öffentlich diskutiert werden - Sozialisation, Schule, Drogen, Gewalt u.ä. - ist Klaus Hurrelmann ein geschätzter Ansprechpartner und Ideengeber. In einem Sonderforschungsbereich, der sich mit Möglichkeiten befasste, Jugendliche vor Gefahren zu schützen und anzuleiten (»Prävention und Intervention«) führte Hurrelmann zwölf hochkarätige Wissenschaftlerteams zusammen.
Der 62-Jährige war 1980 nach Bielefeld gekommen, wo er zunächst 14 Jahre lang an der Pädagogischen Fakultät wirkte. Von 1994 bis 1999 amtierte Hurrelmann als Gründungsdekan der Gesundheitswissenschaftlichen Fakultät (Dekan 2003 bis Ende September 2006), und seit 1998 leitet er das Koop-Zentrum »Health Behavior in School Children« der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Verschiedentlich lehrte der aus Gdingen (nördlich von Danzig) stammende Soziologe, Psychologe und Pädagoge, dessen Veröffentlichungen den Charakter von Standardwerken besitzen, an US-Universitäten.
Die FU Berlin und der Klett-Verlag wollen die Weiterbildungsuni nach dem derzeit vielgepriesenen Prinzips der »Public Private Partnership« führen. Beim PPP entlohnt der Staat (hier: das Land Berlin) private Institutionen für bestimmte Leistungen - was im Idealfall Kosten sparen soll.

Artikel vom 20.09.2006