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Jüngster Chefdirigent der NWD-Geschichte

Der 27-jährige Andris Nelsons gibt am Freitag seine Premiere - beeindruckender Probenstil


Von Hartmut Horstmann
Herford (WB). Jugend schützt vor Klasse nicht: Obwohl Andris Nelsons erst 27 Jahre alt ist, strahlt er als neuer Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie eine große Souveränität aus. Beeindruckend sein intensiver Probenstil, bei dem sich der Lette zu verausgaben scheint. Am Freitag gibt der Nachfolger von Toshiyuki Kamioka seine Premiere.
Christian Becker, Geschäftsführer der NWD, zeigt sich von den Fähigkeiten des Dirigenten begeistert. Dessen Art, die bevorstehenden Werke von Mahler und Schubert einzustudieren, bezeichnet er als »fast genial«: »Nelsons verfügt über eine ungeheure Detailfreude, die sich auch im Ergebnis niederschlagen wird.« Befürchtungen, dass es vom Alter her Akzeptanz-Probleme zwischen dem jüngsten Chefdirigenten der NWD-Geschichte und den Musikern geben könnte, hat Becker nicht: »Schließlich wurde er vom Orchester vorgeschlagen.«
Leiter-Erfahrungen hat Nelsons bereits gesammelt. So wurde er im Alter von 23 Jahren zum Chefdirigenten der Lettischen Nationaloper ernannt. Auch als Gastdirigent ist der junge Mann gefragt - die große Beanspruchung sieht er unter positiven Vorzeichen: »Je mehr ich musikalisch erlebe, desto mehr kann ich weitergeben.«
Der »Neue«, der die Nordwestdeutschen bereits zwei Mal dirigiert hat, kennt den Spagat zwischen kommerziellen Erwartungen und künstlerischem Streben nach Ungewöhnlichem. Er sagt dazu, er wolle mit den Musikern Bekanntes auf hohem Niveau anbieten, gleichzeitig aber die Zuhörer für interessante und wenig gespielte Werke begeistern.
Für den Einstand hat sich der 27-Jährige unter anderem Mahlers 1. Sinfonie »Der Titan« ausgesucht. Die Sinfonie stellt hohe technische Anforderungen an das Orchester und den Dirigenten. Nelsons über Mahler: »Mit ihm begann eine ganz neue Ära, seine Werke bedeuten einen Wendepunkt in der Geschichte der Sinfonie.« Weiterhin ausgewählt für das Premierenkonzert wurde Schuberts berühmte »Unvollendete«.

Artikel vom 20.09.2006