25.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

30 Jahre Hilfe für Opfer von Verbrechen

Weißer Ring in Bielefeld betreut mit neun Mitarbeitern jährlich etwa 100 Menschen

Bielefeld (hu). Nach einer Straftat dreht sich fast alles um den Täter: Ermittlung, Vernehmung, Gerichtsverhandlung, Haftstrafe. Was die Tat für die Opfer bedeutet, steht oft im Hintergrund. Um dies zu ändern, wurde vor 30 Jahren der Weiße Ring gegründet. In Bielefeld ist der Verein für Opferschutz und Prävention seit den 80er Jahren aktiv.

Neun Mitarbeiter - allesamt ehrenamtlich - hat der Weiße Ring in Bielefeld derzeit. Sie kümmern sich um die Opfer von Verbrechen aller Art. Denn, so Hartmut Kramer, Leiter des Vereins in Bielefeld, diese Erfahrung sei für viele Menschen belastend, für manche sogar traumatisch. Hilfe leistet der Weiße Ring in drei Bereichen.
Im Vordergrund steht der direkte Opferschutz. »Das ist vor allem der menschliche Beistand. Da sein, zuhören, Gespräche führen«, sagt Kramer, der sich seit fünf Jahren im Weißen Ring engagiert. Darüber hinaus hilft der Verein bei der Vermittlung von Rechtsanwälten, leistet Zeugenbeistand vor Gericht und gibt - in begrenztem Umfang - auch finanzielle Unterstützung, um die Tatfolgen abzumildern.
Zweiter Schwerpunkt ist die Vorbeugung von Straftaten - mit Plakat-Aktionen wie der Kampagne »Stopp den Diebstahl« und dem Tag des Opferschutzes, der in Bielefeld jedes Jahr am 22. März auf dem Jahnplatz stattfindet.
»Der dritte Aufgabenbereich ist schließlich die Lobby-Arbeit, bei der wir uns in Politik und Justiz für die Opfer einsetzen«, so Kramer. So sei der Zeugenschutz vor Gericht in den vergangenen Jahren verbessert worden, das Gewaltschutz-Gesetz, nach dem Männern der Zutritt zu ihrer Wohnung verweigert werden kann, wenn sie ihre Frau misshandelt haben, sei auch vom Weißen Ring gefordert worden. Aktuell unterstütze die Organisation das Stalking-Gesetz, das Frauen vor Belästigungen und Nachstellungen schützen soll.
Etwa 100 Menschen, drei Viertel davon Frauen, betreut der Verein in Bielefeld jährlich, setzt dabei pro Jahr etwa 30 000 Euro ein. Die Art der Straftaten, erklärt Kramer, hat sich seit der Vereinsgründung verändert. Waren es früher die »klassischen« Verbrechen wie Raub, Überfalle, Einbruch oder Diebstahl, so Kramer, machen heute Sexualdelikte mehr als die Hälfte der Fälle aus. »Vielleicht, weil sich heute mehr Frauen trauen, die Taten öffentlich zu machen.« So arbeitet der Weiße Ring in Bielefeld unter anderem auch eng mit dem Frauennotruf zusammen.
Ebenfalls gewandelt hat sich seit 1976 die Qualifikation der Mitarbeiter. In Seminaren werden sie für ihre oft nicht einfache Arbeit geschult, bei regelmäßigen Treffen können sie über belastende Fälle sprechen. Die Motivation sei oft die Dankbarkeit der Betroffenen, erläutert Kramer: »Wir hören oft Sätze wie ÝDa hat mir jemand richtig zugehörtÜ oder ÝEndlich konnte ich das loswerdenÜ«.
Im April holt der Weiße Ring eine Wanderausstellung nach Bielefeld, die im Polizeipräsidium zu sehen sein wird. Darüber hinaus wirbt Hartmut Kramer um neue Mitglieder. Auch in Bielefeld sei die Zahl leicht rückläufig und liegt derzeit bei etwa 200. Wer Interesse an einer Mitgliedschaft hat, kann sich an Hartmut Kramer wenden: Tel. 0521/3 90 60 04.

Artikel vom 25.09.2006