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»Sommer wird
Beauftragter
für Lehrstellen«

Im Gespräch: Ortwin Goldbeck

Bielefeld (WB). Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen hat den Bielefelder Ortwin Goldbeck (67) zu ihrem Präsidenten gewählt. Bernhard Hertlein sprach mit dem Nachfolger Herbert Sommers.
Ortwin Goldbeck ist 24. Präsident der IHK Ostwestfalen. Foto: Borgmeier

Die Konjunktur hat zu Ihrem Amtsantritt ihr Sonntagskleid angezogen. Glauben Sie an eine längerfristige Erholung?Goldbeck: Ja. Wir kommen zwar aus einem großen Tief. Doch diesmal ist der Aufschwung kein Strohfeuer. Ich glaube, dass der Aufwärtstrend anhalten wird.

Trotz Mehrwertsteuer-Erhöhung?Goldbeck: Die Mehrwertsteuer wird keinen großen Effekt haben. Die Firmen haben sie in ihren Kalkulationen vorweggenommen.

Wird auch der Arbeitsmarkt vom Aufschwung profitieren?Goldbeck: Schon jetzt ist erstmals seit vier Jahren ein leichter Aufschwung am Arbeitsmarkt spürbar. Am deutlichsten spüren das die bereits voll beschäftigten Zeitarbeitsfirmen.

Ihr Vorgänger Herbert Sommer hat einen besonderen Akzent auf die Beschaffung von Ausbildungsplätzen gelegt. Trotzdem bleiben wieder Jugendliche unversorgt. Sehen Sie Möglichkeiten, wie man das noch steigern kann?Goldbeck: Wir dürfen in den Anstrengungen nicht nachlassen. Ich habe Herbert Sommer deshalb gebeten, sich als Sonderbevollmächtigter der Kammer weiter für die Schaffung von Lehrstellen zu engagieren. Dazu ist er bereit. Zusätzlich werde auch ich mich in die Ausbildungsplatzsuche einschalten.
Allerdings möchte ich nicht verschweigen, dass es der Wirtschaft auch schwer gemacht wird, Lehrstellen zur Verfügung zu stellen. So ist die Ausbildung einfach vielen zu teuer geworden. Hier sind die Tarifparteien gefordert, über eine Senkung der Ausbildungsvergütungen nachzudenken.

Die IHK hat auch besondere Anstrengungen unternommen, den Export ostwestfälischer Firmen zu unterstützen. Inzwischen hat die Quote die 30-Prozent-Marke überschritten. Ist damit das Ziel erreicht?Goldbeck: Nein. Allerdings wird die IHK ihre Anstrengungen stärker auf Europa konzentrieren. Hier sind noch viele Chancen ungenutzt. Europa liegt Mittelständlern näher und ist sicherer. Sprachlich und auch von der Mentalität gibt es weniger Probleme als etwa in Fernost.

Welche anderen Akzente werden Sie bei der IHK setzen?Goldbeck: Ostwestfalen hat zwei hervorragende Universitäten. Bielefeld hat besonders in der Bio- und Nanotechnologie, Paderborn in der Informationstechnik einen guten Ruf. Dazu kommen die beiden praxisorientierten Fachhochschulen in Bielefeld und Lippe-Höxter. Leider haben Mittelständler, wenn es um Kontakte zu Professoren geht, oft Berührungsängste. Hier will ich vermitteln.

Bekommen Goldbeck-Mitarbeiter ihren Chef künftig überhaupt noch zu Gesicht?Goldbeck: Ich werde die Zeit schon so einteilen, dass die Firma nicht zu kurz kommt. Dabei hilft mir, dass der Generationswechsel schon lange im Gange ist. Das erleichtert die Übernahme des Amtes. Offiziell werde ich am 31. März 2007 aus der Geschäftsführung ausscheiden. Natürlich werde ich trotzdem weiter häufig im Unternehmen sein -Êschon damit das Vertrauen, das unter allen Beteiligten im Unternehmen entstanden ist, in der nächsten Generation erhalten bleibt.

Artikel vom 19.09.2006