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Was denken wohl die anderen?

Hebbels bürgerliches Trauerspiel stellt den Wert der Familie in Frage


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Welche Werte lohnt es sich zu bewahren? Die Werte der Familie? Diese Fragen stellte Friedrich Hebbel 1844 in seinem bürgerlichen Trauerspiel »Maria Magdalena«, und dieser Frage geht auch das Theater Bielefeld nach. »Maria Magdalena«, inszeniert von Olga Wildgruber, hat am Sonntag, 24. September, 19.30 Uhr, im TAM Premiere.
Dramaturgin Claudia Lowin ist überzeugt, dass der Klassiker den Wert der Familie grundsätzlich zur Disposition stellt. Auch wenn die Wertvorstellungen von Anno dazumal überholt zu sein scheinen, seien die Emotionen zwischen den handelnden Personen »sehr heutig«. Regisseurin Olga Wildgruber sieht in dem Stück auch einen »geschickten Enthüllungskrimi«: »Irgendwann weiß das Publikum im Saal mehr als die Personen auf der Bühne.«
Das ist die Geschichte: Klara wird von ihrer Mutter bedrängt, sich ihre Jugendliebe, den Sekretär, aus dem Kopf zu schlagen und sich um ihresgleichen zu bemühen. Klara verlobt sich folgsam mit dem arbeitslosen Schreiber Leonhard. Als der Sekretär unerwartet zurückkehrt, erpresst Leonard Klara mit dem ihm gegebenen Heiratsversprechen. Klara wird von Leonard schwanger. Als der jedoch erfährt, dass er keine Mitgift zu erwarten hat, nutzt er die Verhaftung von Klaras Bruder, die Verlobung »ehrenhalber« zurückzuziehen.
Der Sekretär will Klara heiraten. Aber zuerst will er sich mit Leonhard duellieren, um Klaras Ehre wiederherzustellen. Beide Männer werden tödlich verletzt. Als der Vater auch noch droht, sich umzubringen, falls Klara ihm zur Schande würde, hält sie dem Druck nicht mehr stand.
Es spielen Hans Fleischmann, Therese Berger, Ines Buchmann, Julian M. Grünthal, Andreas Hilscher und John Wesley Zielmann. Für Olga Wildgruber versuchen die Figuren zwar, alles immer wieder doch noch zum Besseren zu wenden, machen aber alles immer schlimmer - auch in der Angst davor, was »die anderen« - das Dorf, die Nachbarn, die Bekannten - denken könnten.
Nach der Premiere sind weitere Vorstellungen noch im September am 28., 29. und 30., dann im Oktober und November geplant.

Artikel vom 20.09.2006