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Verkleideter Deutscher
in der Terrakotta-Armee

Chinas Polizei enttarnte Kunststudenten aus Stuttgart

Schanghai (dpa). Ein deutscher Kunststudent hat sich als Krieger verkleidet unter die weltberühmten Terrakotta-Soldaten des ersten chinesischen Kaisers gemischt. »Es war die Begeisterung, ein Teil der Armee zu sein«, sagte der 26-jährige Pablo Wendel aus Stuttgart.
Die chinesische Polizei und der Krieger: Pablo Wendel verkleidete sich als Terrakotta-Soldat.

Er habe keine Aktionskunst machen, sondern sich als Teil der alten Kultur fühlen wollen: »Es war eine spontane Aktion, da reinzuspringen.« Der junge Mann, als Austauschstudent in China, kam mit einer Verwarnung durch die örtliche Polizei davon.
Völlig unbeweglich stand der 26-Jährige in seinem täuschend echt wirkenden Kostüm zwischen den mehr als 2000 Jahre alten tönernen Soldaten. Sie werden in einer Ausstellungshalle nahe der Stadt Xi'an im Nordwesten Chinas der Öffentlichkeit gezeigt.
»Ich suchte ihn, konnte ihn aber nicht finden, weil er wie die echten Krieger aussah«, sagte der Vize-Sicherheitschef Jiang Bo. Wachleute hatten erst nur eine schattenhafte Figur wahrgenommen, die in die Grube geklettert war. Als er entdeckt wurde, weigerte sich der Deutsche zunächst, seinen Posten zu verlassen. »Er bewegte sich nicht und imitierte die Pose der Soldaten«, sagte der Sicherheitsmann.
»Da kam die echte Armee und hat mich rausgeholt«, schilderte der 26-Jährige später. Er sei auch innerlich »versteinert« und »emotional noch stark in der Armee« gewesen. Sechs Beamte hätten ihn »wie einen gefällten Baum« weggetragen, berichteten chinesische Medien. Die Polizei verwarnte ihn, so etwas nicht noch einmal zu machen. »Ich habe dann auch gemerkt, dass es eine Dummheit war«, sagte Wendel. Die Polizei ließ Milde walten, weil kein Schaden entstand.
Die mehr als 1000 Soldaten in der Grube sind Teil der Grabbeigabe des legendären Kaisers Qinshihuang. Der 26-jährige Stuttgarter sagte, es habe einige Zeit gebraucht, das Kostüm anzufertigen. Die Bekleidung wurde beschlagnahmt, bevor er in den Zug zurück nach Hangzhou gesetzt wurde.
In der ostchinesischen Stadt hatte Wendel bis Juli drei Monate in einem Austauschprogramm an einer Hochschule der Akademie der Künste studiert - unter anderem »Körpersprache«. Die Schule war über seine Aktion wenig erfreut: »Was er getan hat, hat nichts mit uns zu tun.«

Artikel vom 19.09.2006