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Krieg gegen Christen angedroht

Radikale Moslems verbrennen Papst-Bild - Rom verschärft Sicherheitsmaßnahmen

Vatikanstadt (Reuters/dpa). Radikale Moslems haben gestern als Reaktion auf die Äußerungen des Papstes über den Islam einen »Krieg gegen die Christen« angekündigt.

Die »Gläubigen des Kreuzes«, der Papst und der Westen würden besiegt, hieß es auf einer im Internet veröffentlichten Erklärung des Schura-Rates der Mudschahedin. Die Internetseite wird häufig von Al-Kaida und anderen militanten Gruppen benutzt.
Auch die irakische Extremistengruppe Ansar al-Sunnah schwor Vergeltung: »Ihr werdet so lange nur unsere Schwerter sehen, bis ihr zurück zum wahren Glauben Gottes findet.«
Papst Benedikt XVI. hatte in einer Vorlesung an der Universität von Regensburg einen mittelalterlichen byzantinischen Herrscher mit der Kritik zitiert, der Prophet Mohammed habe die Verbreitung des islamischen Glaubens mit dem Schwert propagiert. Mit dem offenkundig aus dem Zusammenhang gerissenen und verbreiteten Zitat sahen Moslems in vielen Ländern den Islam zu Unrecht als gewaltsame Religion dargestellt.
Diese Kritik hält an, obwohl der Papst am Sonntag noch einmal deutlich machte, dass die historische Äußerung nicht seine persönliche Ansicht sei. Während sich zahlreiche moslemische Vereinigungen zufrieden über diese Klarstellung zeigten, ging sie fundamentalistischen und extremistischen Moslems nicht weit genug.
So erklärte die iranische Führung, sie erwarte vom Papst eine eindeutigere Entschuldigung. Dass das Oberhaupt der katholischen Kirche am Wochenende sein Bedauern darüber ausgedrückt habe, weil sich Moslems durch seine Rede verletzt fühlten, sei eine »gute Geste«, sagte ein Regierungssprecher in Teheran. Sie reiche jedoch nicht aus.
Im Irak verbrannten Demonstranten gestern aus Protest gegen die Papst-Rede ein Bild des Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche. Zudem ließen sie eine deutsche, eine US-amerikanische und eine israelische Flagge in Flammen aufgehen. Zu der Demonstration in der südirakischen Stadt Basra hatten Anhänger des radikal-schiitischen Geistlichen Mahmud al-Hassani aufgerufen.
Die von Schiiten geführte irakische Regierung hat die Menschen im Land aufgefordert, Ruhe zu bewahren, und ihren Zorn über die Aussagen des Papstes nicht an der christlichen Minderheit auszulassen.
In Frankreich rief Präsident Jacques Chirac zu mehr Feingefühl in der Diskussion auf. »Ich möchte einfach grundsätzlich sagen, dass wir alles vermeiden sollten, was Spannungen zwischen den Völkern oder Religionen verschärft.« Chirac forderte zugleich dazu auf, zwischen dem Islam als Religion und radikalen Anhängern zu unterscheiden.
Der Erzbischof von Canterbury und Oberhaupt der anglikanischen Kirche, Rowan Williams, verteidigte den Papst. Dessen umstrittene Äußerungen müssten im Gesamtzusammenhang seiner Rede gesehen werden, in der er sich für den Dialog der Religionen ausgesprochen habe. Jeder Glauben könne verzerrt werden, sagte er. Es gebe Elemente im Islam, die zur Rechtfertigung von Gewalt genutzt werden könnten, ebenso wie es sie im Christentum und im Judentum gebe.
Der Vatikan versucht weiter, den Streit um die umstrittenen Papst-Äußerungen zum Thema Islam zu schlichten: Der Heilige Stuhl habe seine apostolischen Nuntien in den islamischen Ländern der Welt damit beauftragt, den politischen und religiösen Autoritäten den Inhalt der Rede von Benedikt XVI. genau zu erklären, sagte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. »Die Elemente der Rede, die bisher vernachlässigt wurden, müssen hervorgehoben werden«, erklärte der Geistliche.
Nach den Drohungen gegen den Papst hat die Stadt Rom die Sicherheitsmaßnahmen an den wichtigsten Monumenten verschärft.
Gleichzeitig ist der Luftraum über dem Vatikan und der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo für den Flugverkehr gesperrt.

Artikel vom 19.09.2006