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»Wir sind fertig!« So jedenfalls stand es auf den T-Shirts von Intendant Michael Heicks (re.) und seinem Stellvertreter Dieter Powitz.

Die Feuertaufe
mit Bravour
bestanden

25 000 eroberten das neue Haus


Von Burgit Hörttrich
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Nach dem Festakt folgte die Feuertaufe, und die bestand das frisch renovierte Stadttheater mit Glanz und Gloria. Intendant Michael Heicks strahlte: »Hier beim Theaterfest sind mehr Menschen als beim Spiel Arminia gegen Bayern - bestimmt 25 000!«
Das ist die geschätzte Zahl, die gefühlte lag deutlich höher. Denn schon 30 Minuten bevor mit Fanfaren, Feuerwerk und Konfetti-Regen erneut der Vorhang fiel und der Zugang zum Haus freigegeben wurde, war der Niederwall davor schwarz von Menschen. Als die Türen geöffnet wurden, gab es kein Halten mehr. Minuten später waren die Plätze im Zuschauerraum besetzt, Menschen drängten sich in den Foyers, in der Lounge, suchten ihren Weg durch Gänge und über Treppen in den Malersaal, in die Probenzimmer, ins Opernstudio, in Garderobe und Maske, Tanz- und Chorsaal, Schlosserei und Lastenaufzug.
Chorleiter Hagen Enke und seine Sänger und Sängerinnen brachten den gesamten Saal - rund 700 Menschen - zum Mitsingen. Musiker des Philharmonischen Orchesters, verteilt im Haus, setzten die Komposition »pointiert« von Willem Schulz um - und wurden samt Instrument vom Ansturm fast mitgerissen. Schauspielerin Christina Huckle verlor zwar bei ihrer Vorstellung der »Ideal-Welten« ob der Unruhe kurz die Konzentration, meinte aber versöhnlich: »Na ja, das ist heute hier Konzept.«
Schauspielerin Nicole Paul zeigte Interessenten richtiges Atmen, ihre Kollegen Ulrike Müller und John Wesley Zielmann hatten sich mit dem Lastenaufzug das wohl kleinste »Theater im Theater« für ihre »Kurze Verstörung« ausgesucht. Hinter den Kulissen erlebten die Besucher, dass die 23 Millionen, die die Sanierung gekostet hat, nur in Notwendiges geflossen sind: Von Luxus keine Spur. Dafür fanden aber allenthalben die Zuschauerbereiche breite Zustimmung. Wenn auch geklagt wurde: »Es ist so voll, man sieht gar nichts.«
Bis in die Nacht blieb es brechend voll: Die letzten Festgäste gingen gegen 3.00 Uhr morgens.
Volles Programm auch vor den Rathäusern und vor allem im Innenhof - dort gastronomischer Art: Die Kuchen der Konditoren-Innung waren schnell verzehrt (der Erlös fließt dem Jugendtheater zu), die Besucher genossen es, dort eine Ruhepause einzulegen. Klaus-Dieter Giersch, Verwaltungsdirektor des Theaters, hofft, dass im nächsten Sommer ein alter Wunsch des Hauses, ein Biergarten im Innenhof, wahr wird. Giersch: »Unter der Regie der Theater-Gastronomie. Dann können wir das auch steuern.«
Thomas Wittland, Leiter des Kostümfundus', war ebenfalls zufrieden: »150 Uniformen, große Roben, Fräcke und leichte Ballettkleidchen sind verkauft worden - es war die letzte Gelegenheit in diesem Jahr.«
250 Helfer - alle in T-Shirts mit der Aufschrift »Wir sind fertig!« - sorgten für Sicherheit und einen Ablauf, so reibungslos wie möglich. Susanne Wißen (Leiterin Öffentlichkeitsarbeit) freute sich über die rege Nachfrage nach Abonnements: »Wenn nur die Hälfte derer, die Unterlagen mitgenommen haben, auch ein Abo abschließt, wäre das fantastisch.« Nach 22.30 Uhr wurde die Bühne für alle Tanzlustigen freigegeben. Sie wurde regelrecht erstürmt. Heute führen erst einmal wieder die Putzkolonnen Regie im Stadttheater. Aus gutem Grund: Morgen steht mit der »Hochzeit des Figaro« die erste Opernpremiere der Spielzeit an.

Artikel vom 18.09.2006