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Der Papst bedauert
Missverständnisse

Zentralrat der Muslime begrüßt Klarstellung

Castel Gandolfo/Kairo (dpa). Papst Benedikt XIV. hat sich gestern erstmals persönlich zu seinen umstrittenen Islam-Anmerkungen geäußert und dabei bedauert, dass einige Passagen missverstanden worden seien.
In ersten Reaktionen zeigten sich muslimische Organisationen mit der Klarstellung durch den Papst und den Vatikan zufrieden. Beim Angelusgebet in Castel Gandolfo sagte das Kirchenoberhaupt, es sei »tief betrübt«, dass eine Redepassage als »beleidigend für muslimische Gläubige« aufgefasst worden sei. Zugleich rief der Papst erneut zum Dialog zwischen Islam und Christentum auf.
Wörtlich sagte der katholische Kirchenführer zu seiner strittigen Redepassage: »Es handelte sich dabei um ein Zitat eines mittelalterlichen Textes, der in keiner Weise mein persönliches Denken widerspiegelt.« In seiner kurzen Ausführung nahm der Papst aber keine Aussagen zurück und entschuldigte sich auch nicht, wie es muslimische Geistliche verlangt hatten. Er ging auch nicht über eine offizielle Erklärung des Vatikans vom Vortag hinaus.
Die wirkliche Bedeutung seiner Ausführungen zum Thema Islam an der Universität Regensburg sei »eine Einladung zum aufrichtigen und ehrlichen Dialog« gewesen, sagte Benedikt. Zugleich verwies der Papst auf die Vatikanerklärung vom Vortag: »Ich hoffe, diese kann die Seelen beruhigen und die wirkliche Bedeutung meiner Rede erklären.« Nach Drohungen aus dem Irak und Somalia hatte das italienische Innenministerium zuvor verstärkte Sicherheitsmaßnahmen angeordnet.
Muslimische Organisationen in Deutschland begrüßten die Klarstellungen Benedikts sowie sein Bedauern. Der Zentralrat der Muslime erklärte, die Papst-Erklärung sei der »wichtigste Schritt« gewesen, um den Protesten in der islamischen Welt entgegen zu wirken. Auch der französische Muslim-Dachverband CFCM und der Muslimrat von Großbritannien begrüßten die Klarstellung des Vatikans. Die ägyptische Muslimbruderschaft, die zunächst die Klarstellung des Papstes begrüßt hatte, forderte ihn nun doch zu einer eindeutigen Entschuldigung für seine Islam-Äußerungen auf. Die Erklärung des Papstes reiche nicht aus, sagte der stellvertretende Chef der radikal-sunnitischen Bewegung, Mohammed Habib. »Wir rufen den Papst zu einer eindeutigen Entschuldigung auf, die jegliche Verwirrung beendet.« Die Moslem-Bruderschaft gehört zu den einflussreichsten Bewegungen des sunnitischen Islam und hat in Staaten wie der Türkei oder Syrien Ableger.
In Marokko protestierte König Mohammed VI. gegen die Äußerungen des Papstes. Im Westjordanland wurden auch gestern Brandanschläge auf Kirchen verübt. Sie richteten jedoch nur geringe Schäden an. Verletzt wurde niemand.
Die Türkei hält trotz der Kontroverse an der Einladung des Papstes für November fest. »Von Änderungen« am geplanten Papst-Besuch sei »keine Rede«, sagte Außenminister Abdullah Gül.

Artikel vom 18.09.2006