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Rot-Rot steht am Sonntag zweimal auf dem Prüfstand

Wahlen Berlin und Mecklenburg-Vorpommern - Geringe Beteiligung befürchtet

Berlin/Schwerin(dpa). Bei den Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern stehen an diesem Sonntag die beiden einzigen rot-roten Landesregierungen auf dem Prüfstand.

Während Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) laut Umfragen mit einer Wiederwahl rechnen kann, muss Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff befürchten, dass die CDU seine SPD überflügelt. Mit Sorge wird beobachtet, ob die rechtsextreme NPD im Nordosten den Sprung ins Parlament schafft.
Ein Jahr nach der Bundestagswahl steht die große Koalition in Berlin vor ihrem zweiten Stimmungstest. Insgesamt gut 3,8 Millionen Menschen sind dazu aufgerufen, den Schweriner Landtag und das Abgeordnetenhaus der Hauptstadt neu zu wählen.
In Berlin lag die SPD (2001: 29,7 Prozent) nach letzten Umfragen bei 31 bis 32 Prozent und damit klar vor CDU, Linkspartei und Grünen. Wowereit hat keine eindeutige Koalitionsaussage getroffen. Es ist aber bekannt, dass er mit der bisherigen rot-roten Koalition zufrieden ist. Die Ex-PDS hat sich 17 Prozent als Wahlziel gesetzt (2001: 22,6). Der Spitzenkandidat, Wirtschaftssenator Harald Wolf, will Rot-Rot fortsetzen.
CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger strebt eine von ihm geführte Regierung an. Er hält Koalitionen mit allen Parteien außer der Linkspartei für möglich. In den jüngsten Umfragen bekam die CDU kaum mehr als 22 Prozent (2001: 23,8). Die FDP will erneut möglichst nah an die 10 Prozent gelangen (2001: 9,9 Prozent). Als dritter Koalitionspartner für SPD und Linkspartei stünden die Grünen bereit, falls es für Rot-Rot nicht reicht. Ihr Ziel ist aber zunächst, die Linkspartei zu überholen und eine rot-grüne Koalition zu bilden. In Umfragen lagen die Grünen zuletzt bei 13 bis 14 Prozent.
Zugleich werden in Berlin die zwölf Bezirksparlamente gewählt. Dabei rechnen sich rechtsextreme Parteien wie die NPD und die Republikaner Chancen aus, die dort geltende Drei-Prozent-Hürde zu überspringen. In einer Volksabstimmung geht es ferner um gesenkte Hürden für Volksentscheide und Volksbegehren. Rund 2,43 Millionen Berliner sind zu den Wahlen aufgerufen. Der Wahlkampf geht am Samstag mit einem Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Ende. Die anderen Parteien hielten ihre letzten Kundgebungen am Freitag ab.
In Mecklenburg-Vorpommern lagen SPD und CDU in Umfragen zuletzt bei etwa 30 Prozent, die Linkspartei bei gut 20 Prozent. Die rechtsextreme NPD könnte nach Sachsen auch im Nordosten in den Landtag kommen. In Umfragen kam sie zuletzt auf 7 Prozent (2001: 0,8), gleichauf mit der FDP, die nach zwölf Jahren Abstinenz vor der Rückkehr ins Landesparlament steht.
1,42 Millionen Menschen sind in Mecklenburg-Vorpommern zur Wahl aufgerufen. Beobachter befürchten bei der Landtagswahl, die erstmals seit 1990 wieder getrennt von der Bundestagswahl abgehalten wird, eine historisch niedrige Beteiligung. Zur kombinierten Wahl 2002 waren 70,6 Prozent der Wahlberechtigten gegangen. Die bundesweit bislang geringste Beteiligung bei einer Landtagswahl war im März mit 44,4 Prozent in Sachsen-Anhalt registriert worden.
Sollte die bislang komfortable Parlamentsmehrheit der seit acht Jahren regierenden rot-roten Koalition in Schwerin verloren gehen, liefe alles auf eine CDU/SPD-Regierung unter CDU-Landeschef Jürgen Seidel hinaus. Schwarz-Rot hatte das Land bereits von 1994 bis 1998 regiert. Ringstorff strebt eine dritte Amtszeit an und bestritt den Wahlkampf ohne Koalitionsaussage. Die Linkspartei von Wolfgang Methling hat Bereitschaft zur Fortsetzung von Rot-Rot signalisiert.
Bei der Wahl 2002 hatte die SPD im Nordosten 40,6 Prozent erzielt und die CDU (31,4 Prozent) klar auf Distanz gehalten. Die PDS musste eine Schlappe hinnehmen und fiel mit 16,4 Prozent erstmals seit 1990 wieder unter 20 Prozent. FDP und Grüne scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.

Artikel vom 16.09.2006