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Papst-Äußerung

Kritik, ja - Gewalt niemals


Hat der Papst mit seinem Zitat aus einem historischen Islam-Disput einen Missgriff getan? Er selbst, so lassen es die beschwichtigenden Worte aus dem Vatikan vermuten, sieht es wohl mittlerweile so.
Dabei hat das katholische Kirchenoberhaupt ungewollt eine wichtige Debatte losgetreten: die über den Missbrauch des Glaubens zur Rechtfertigung von Gewalt.
Das christliche Abendland ist selbst nicht ohne Sünden. Die Kreuzfahrer fielen mit dem Schwert ins Heilige Land ein. In Nordirland waren es protestantische und katholische Christen, die sich jahrzehntelang aufs Blut befehdeten.
Also: keine Absolution. Die aber gibt es ebenso wenig für Gewalt, die im Namen des Islam verübt wird. Sei es am 11. September 2001 in den USA oder am Freitag im Gaza-Streifen, wo aufgebrachte Palästinenser einen Sprengsatz vor einer christlichen Kirche zündeten.
Wie schon beim Karikaturenstreit heizen Machthaber in der islamischen Welt die Stimmung gegen den Westen an, bauschen die Papst-Worte zu einer »Verleumdungskamagne« auf und signalisieren damit, dass das »feindliche« Christentum bekämpft werden müsse.
Kritik an den Worten des Papstes - dieses Recht steht jedem Muslim zu, ebenso jedem Christen, auch jedem Atheisten. Gewalt - niemals. Auf dieses Bekenntnis der islamischen Welt in ihrer Gesamtheit wartet der Erdkreis bis heute vergeblich.Andreas Kolesch

Artikel vom 16.09.2006