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Marathon-Königin baut Schule

UNICEF-Botschafterin Tegla Loroupe aus Detmold engagiert sich sozial

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Sie war die schnellste Frau der Welt über 42,195 Kilometer unter anderem in New York (1994, 1995), Rotterdam (1997, 1998, 1999), Berlin (1999) und London (2000). Jetzt lässt Marathon-Königin Tegla Loroupe Kinder in ihrer Heimat Kenia an ihren Erfolgen teilhaben: »Ich baue dort eine Schule«, erzählt die Sportlerin, die in Detmold lebt.
Tegla Loroupe (hier beim Leichtathletik-Weltfinale in Stuttgart) lief 1999 in Berlin ihre persönliche Marathon-Bestzeit von 2:20:43.
Tegla Loroupe mit einer Freundin auf der Baustelle »ihrer« Grundschule im kenianischen Kapenguria.

Seit 1992 wird Tegla Lourupe von dem Detmolder Lauftrainer Volker Wagner betreut, der im Moment 20 Männer und Frauen aus Kenia in seinem Laufcamp am Teutoburger Wald beherbergt. Etwa 100 Tage im Jahr wohnt die 33-jährige Kenianerin in Deutschland, die übrige Zeit ist sie in ihrer Heimat oder nimmt an Laufwettkämpfen in aller Welt teil. Am Samstag wurde sie in der Schweiz Zweite beim Greifensee-Halbmarathon, gestern siegte sie bei einem 10 000-Meter-Lauf in Lugano, am kommenden Wochenende wird sie in Kenia an den Start gehen, und im Oktober steht der Venedig-Marathon an.
Als Kind hatte Tegla Lourupe kämpfen müssen, um zur Schule gehen zu dürfen: »Mein Vater wollte, dass ich das Vieh hüte.« Als sie endlich die Zustimmung hatte, rannte sie barfuß die fünf Kilometer zur Schule - schneller als die meisten ihrer Mitschüler. Doch ihr Lauftalent, das sich in den folgenden Jahren mehr und mehr zeigte, wurde nicht gefördert, weil Tegla aus der verrufenen Provinz Pokot stammt. Als die Sportlerin mit 21 Jahren ihrem Ärger in örtlichen Zeitungen Luft machte, lud Präsident Daniel Arap Moi die Läuferin zu einem Gespräch ein und ließ sie anschließend in die Nationalmannschaft aufnehmen.
Inzwischen braucht die Ausnahme-Läuferin keinen Fürsprecher mehr. Mit elf Marathon-Siegen und vier Lauf-Weltrekorden (zum Beispiel 30 Kilometer in 1:45:50) ist die 1,56 Meter kleine Frau eine Legende, die von Laufveranstaltern in aller Welt verpflichtet wird. »Bei all diesen Erfolgen darf man nie vergessen, woher man kommt«, sagt Tegla Lourupe. Deshalb möchte sie ihr Volk an ihrem Wohlstand teilhaben lassen. »Bei mir zu Hause gibt es sehr viele Kinder, die keine Chance auf Bildung haben. Bei einem Durchschnittseinkommen von weniger als 50 Dollar im Monat können viele Eltern das Schulgeld einfach nicht aufbringen.« Deshalb hat Tegla Lourupe damit begonnen, in der Ortschaft Kapenguria eine Grundschule bauen zu lassen. »Das Geld reicht zwar noch nicht, um die Schule fertigzustellen, aber wenn ich zeigen kann, dass ein Anfang gemacht ist, finden sich bestimmt Menschen, die mir helfen wollen«, sagt die Afrikanerin optimistisch.
Der Bau der Grundschule ist nicht das einzige soziale Projekt, das die Kenianerin umtreibt. Seit 2003 veranstaltet eine von ihr gegründete Stiftung in Afrika sogenannte Friedensläufe, an denen regelmäßig mehrere tausend Menschen teilnehmen - oftmals Mitglieder verfeindeter Stämme. »Es gibt Krieger, die nach solchen Wettkämpfen ihre Waffen gegen eine Laufausrüstung eingetauscht haben«, erzählt Tegla Lourupe stolz. Außerdem kämen bei diesen Läufen Menschen miteinander ins Gespräch, die sich sonst mit Waffen bekämpft hätten.
Sport als Weg zum Frieden - mit dieser Vision hat Tegla Lourupe sogar das Interesse von UN-Generalsekretär Kofi Annan geweckt. Er hatte die Sportlerin zur UNICEF-Botschafterin ernannt und sie eingeladen, Anfang April in New York vor Politikern aus aller Welt zu sprechen. Die Rede im Plenum der Vereinten Nationen kam offenbar gut an: »Prinz Hakan von Norwegen sprach mich hinterher an und lud mich zum Essen ein.« Sie habe bei dieser Gelegenheit noch einmal für ihre Friedensstiftung geworben. »Wer weiß? Vielleicht gehören der Prinz und seine Frau Mette-Marit ja demnächst auch zu den Förderern meiner Stiftung.« teglaloroupepeacefoundation.org

Artikel vom 18.09.2006