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Drei Rabbiner setzen ein Zeichen

Erstmals seit 1942 wurden jüdische Geistliche in Deutschland ordiniert

Dresden (dpa). Erstmals seit dem Holocaust sind wieder Rabbiner in Deutschland ordiniert worden. Die drei ersten Absolventen des Abraham Geiger Kollegs der Universität Potsdam wurden gestern in einer feierlichen Zeremonie in der Neuen Synagoge Dresden ins Amt berufen.

Der Deutsche Daniel Alter, der Tscheche Tomás Kucera und der Südafrikaner Malcolm Mattitiani treten Stellen in Oldenburg, München und Kapstadt an. Das Kolleg ist das erste und einzige Rabbinerseminar in der Bundesrepublik. Die Nazis hatten die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin 1942 geschlossen.
»Es ist ein Meilenstein, ein ganz starkes bewegendes Zeichen für jüdisches Leben in Deutschland«, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) nach dem sehr bewegenden Gottesdienst. »Nach über 60 Jahren bedeutet es für das Gemeindeleben so etwas wie einen Aufbruch.«
Mit der Wahl von Dresden als Ort wurde bewusst ein Zeichen gesetzt, meinte Sachsens Landesrabbiner Salomon Almekias-Siegl. »Es ist ein Tag des Sieges.« Die Nazis, die die Juden ausrotten wollten, hätten das nicht geschafft, auch Neonazis und NPD könnten einen Neubeginn jüdischen Lebens in Deutschland nicht verhindern. »Heute wurde ein neues Kapitel in unserem Buch aufgeschlagen.«
Viele einst vor den Faschisten geflohene Juden kämpften während der Ordination mit den Tränen. »Wir gedenken derer, die im Feuer der Shoa umkamen, ermordet wurden im Rassenwahn, sechs Millionen Männer, Frauen und Kinder«, sagte Rabbiner Edward van Voolen vom Geiger Kolleg.
Mit der Gründung des Kollegs dank vieler Helfer habe endlich wieder die Ausbildung weltoffener, aber auch der Tradition verbundener Rabbiner begonnen. »Heute wird die erste Ernte dieser Bemühungen eingefahren«, sagte Voolen.
Für Rabbiner Allan Howard Podet aus Buffalo (USA) war es einer der Höhepunkte im Leben. »Es ist der Anfang einer neuen Epoche im liberalen deutschen Judentum, es bedeutet eine religiöse Wiederaufwertung«, sagte der 72-jährige Gründungsdirektor des Geiger-Kollegs.

Artikel vom 15.09.2006