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»Engel des Todes« im College

25-Jähriger richtet Blutbad in Montréal an - Zwei Tote und 19 Verletzte

Montréal (dpa). Er nannte sich auf seiner Webseite selbst »Engel des Todes«: Der 25 Jahre alte Todesschütze, der - wie in einem Teil der Auflage bereits berichtet - in einem College im kanadischen Montréal ein Blutbad anrichtete, war fasziniert von Waffen, Gewalt und dem Massaker an der High School von Columbine.
Eine junge Frau starb und weitere 19 Schüler wurden verletzt als der Mann im Dawson College mit einem Gewehr wahllos das Feuer eröffnete. Der Schütze selbst kam bei einer Schießerei mit der Polizei ums Leben.
Die Identität des Todesschützen wurde noch nicht offiziell von der Polizei bestätigt. Es soll jedoch Kimveer Gill aus Montréal sein, der mindestens drei Waffen legal besessen habe. Auf seiner Webseite waren mehr als 50 Fotos zu sehen, auf denen er mit unterschiedlichen Pistolen und Messern posiert. In einem Internet-Tagebuch schrieb er, dass die meisten Menschen »wertlos« seien. »Das Leben ist wie ein Videospiel, irgendwann muss man sterben«, wird er zitiert. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen soll das gewalttätige Videospiel »Super Columbine Massacre« gewesen sein. Im April 1999 hatten an der amerikanischen Columbine-Schule in Colorado Eric Haris und Dylan Klebold zwölf Schüler erschossen und weitere 24 verwundet. Wie sie trug auch der 25-jährige Kanadier einen schwarzen Trenchcoat bei seiner Tat.
Erschüttert reagierte die kanadische Öffentlichkeit auf die Tat. Der kanadische Premierminister Stephen Harper nannte den Amoklauf eine »feige und sinnlose Gewalttat«. Montréals Bürgermeister Gerald Tremblay zeigte sich schockiert und sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. »Ich bin im Innersten getroffen und zutiefst traurig.«
Nach den ersten Schüssen war an der Schule Panik ausgebrochen. Viele Schüler stürmten weinend ins Freie. Einige verbarrikadierten sich aus Angst in ihren Klassen. »Er kam in die Mensa und begann, einfach drauflos zu schießen. Wir duckten uns alle«, sagte einer der Schüler. Die 17-jährige Andrea Leziy saß auf dem Boden vor ihrem Klassenzimmer als es los ging. »Ich dachte zuerst, dass ich verrückt bin, als ich die Schüsse hörte«, sagte sie. Als sie aus dem Gebäude flüchtete, sah sie schockierende Szenen: »Ein Junge wand sich auf der Krankentrage in seinem Blut.«
Das Dawson-College in der Innenstadt der kanadischen Metropole wird von etwa 10 000 Studierenden besucht. Die meisten von ihnen sind 16 bis 19 Jahre alt. Das College sei gewöhnlich »sehr ruhig, ein friedlicher Ort, keine Probleme, keine Messer oder so etwas«, sagte der Psychologie-Lehrer Gary Clemence.
In Montréal fühlten sich viele Menschen bei den TV-Bildern aus dem Dawson-College an das bisher folgenschwerste Schulmassaker in ihrer Stadt vor fast 17 Jahren erinnert. Damals, im Dezemeber 1989, hatte ein Todesschütze an einer technischen Hochschule 14 Studentinnen erschossen und 13 weitere verletzt, bevor er sich selbst das Leben nahm.

Artikel vom 15.09.2006