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Brecht mundete es »augsburgerisch«

Martha Schad lüftet Geheimnis: Schriftsteller war auch Genussmensch

Versmold-Bockhorst (Felix). Dass Bertold Brecht ein großer Dramatiker war, ist wohl allgemein bekannt. Dass er aber auch ein Genussmensch war, der auf gutes Essen und einen gut geführten Haushalt Wert gelegt hat, vielleicht schon weniger.
Am Mittwoch- und Donnerstagabend lüftete die Augsburger Journalistin und Kunsthistorikerin Martha Schad im Rahmen zweier »Literarisch-Kulinarischer Abende« auf Einladung der Buchhandlung Krüger in der »Alten Schenke« einige Geheimnisse aus dem Leben von Bertold Brecht und Helene Weigel. »Komm und setz dich, lieber Gast« lautet der Titel ihrer 224-seitigen Biografie über Eugen Berthold Friedrich Brecht und Helene Weigel, die sie mit zahlreichen Kochrezepten gewürzt und bestens abgeschmeckt hat.
Zwei Jahre lang hat die 67-jährige Autorin an der Doppelbiografie des berühmten Ehepaares gearbeitet. »Den Ausschlag gab der Anlass des 50. Todestages Brechts und eine Rezeptsammlung von Helene Weigel, die im Brecht-Archiv in Berlin zu finden war«, erzählt Martha Schad von ihrem Interesse an dem Dramatiker und Lyriker, der in Augsburg geboren wurde - Schads Wahlheimat seit mehr als 20 Jahren. »Das Buch öffnet die Türen in das Privatleben der Brechts«, erzählt Martha Schad, die darin 50 Rezepte abgedruckt hat - vom »Fruit Cake à la Weigel« über die »Fleischlaberl mit Bohnen« bis zur »Paradeisersuppe«. Ein Speiseplan, der sämtliche Lebensstationen der beiden Ehepartner widerspiegelt und der einlädt, sich mit Bertold Brecht und Helene Weigel an den Tisch zu setzen. Eine Einladung, der die 85 Gäste in der »Alten Schenke« gerne folgten.
»Das Essen lässt sich auch in den Stücken und Gedichten Brechts wieder finden«, erklärt Martha Schad. So wundert es die Schriftstellerin nicht, dass sich der von Brecht heiß geliebte schwäbische Kartoffelsalat im Stück »Die Rundköpfe und die Spitzköpfe« erwähnt finden lässt. »Es gibt kaum ein Werk von Brecht, in dem es nicht irgendwie auch um Essen, Trinken, Fressen und Saufen geht.«
Brecht soll über sich selbst gesagt haben: »Ich bin zwar ein schlechter Esser - aber das geht mit dem Humanismus ausgezeichnet zusammen.« Helene Weigel war es, die ihn mit allerlei Köstlichkeiten bekochte, die ein Essen auch dazu nutzte, Unstimmigkeiten aus dem Weg zu räumen.
In drei Etappen hat sich Martha Schad ihren Vortrag vor den Zuhörern der beiden Abende eingeteilt, berichtete dabei von der Herkunft der beiden Ehepartner, ihrer gemeinsamen Zeit, auch im Exil, und schließlich der Rückkehr nach Berlin. Für die Besucher gab's - fast folgerichtig, wenn es um einen Augsburger geht - schwäbische Maultaschen in einer Stippe aus Speck, Zwiebeln und Petersilie, gekochten Kalbstafelspitz mit einer Kren-Sahnesauce sowie Marillen-Topfenknödel mit Vanille-Soße. Und - passend zum bevorstehenden Oktoberfest - auch ein kleines Schmankerl in Sachen Brecht und Bier.

Artikel vom 15.09.2006