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MAN und Scania
stehen vor
Lastwagen-Ehe

Milliarden-Geschäft ohne Jobabbau

München/Stockholm (dpa). Der MAN-Konzern will durch eine milliardenschwere Übernahme des schwedischen Konkurrenten Scania zum größten Hersteller von Lastwagen und Bussen in Europa aufrücken.

MAN bestätigte gestern nach heftigen Spekulationen über die mögliche Lastwagen-Ehe das Interesse an Scania. Es gebe eine überzeugende industrielle Logik für diese Kombination, erklärte die MAN AG. Durch die Übernahme würde ein Nutzfahrzeug-Riese mit jährlich mehr als 120000 verkauften Lastern und mehr als 13000 Bussen entstehen. Gemeinsam haben die Unternehmen 80000 Beschäftigte. Mit dem offiziellen Kaufangebot von MAN an Scania wird in der kommenden Woche gerechnet. Der Scania-Betriebsrat reagierte positiv.
Details will MAN erst nächste Woche nennen. Auch zum Preis äußerte sich der Konzern noch nicht. Gemessen am Börsenwert von Scania erwarten Branchenkreise einen Wert von zehn Milliarden Euro. Die Übernahme soll im Einvernehmen mit dem Scania-Management erfolgen.
MAN-Chef Hakan Samuelsson habe mehrfach betont, dass eine feindliche Übernahme nicht in Betracht komme, sagte Harald Flassbeck, der für die IG Metall im Aufsichtsrat der MAN Nutzfahrzeuge AG sitzt. Grundsätzlich mache der Schritt Sinn. »Man muss in dieser Branche eine bestimmte Größe haben.« Unklar blieb, ob sich Scania-Großaktionär VW (18,7 Prozent) von seinem Anteil trennen will. VW nahm dazu gestern keine Stellung.
Samuelsson hatte selbst 23 Jahre lang für Scania gearbeitet, bevor er im Jahr 2000 zum MAN-Konzern kam und dort zunächst die Nutzfahrzeugsparte leitete. Nach seinem Wechsel an die Konzernspitze trimmte er alle MAN-Sparten auf bessere Renditen und verordnete der Belegschaft im Münchner Werk dazu auch längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich. Im Gegenzug sicherte MAN zu, bis 2012 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.
An der Börse sorgten die Übernahmepläne für Aufregung. Die Aktie des schwedischen Nutzfahrzeugeherstellers sprang schon vor der offiziellen Bestätigung durch MAN in Stockholm um 10 Prozent auf 424,50 Kronen (46 Euro). Der Handel war am Vortag wegen der Gerüchte um eine mögliche Übernahme zeitweise ausgesetzt worden. Die Aktie von MAN war mit plus 2,54 Prozent auf 62,19 Euro stärkster Dax-Titel.
Die Markennamen MAN und Scania sollen nach Informationen aus Branchenkreisen auch nach der Übernahme erhalten bleiben. Auch die Firmenzentralen sollen nicht verändert werden. Ein Stellenabbau sei kein Thema, hieß es. »Bei dem Zusammenschluss geht es um Wachstum.«
In der Nutzfahrzeugbranche gilt Scania wegen einer hohen Produktivität seit langem als attraktiv. Im ersten Halbjahr stieg der Nettogewinn um 22 Prozent auf 303 Millionen Euro, MAN verdoppelte seinen Überschuss auf 352 Millionen Euro. Zur Sache

Artikel vom 14.09.2006