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Wohnungslose im
Dritten Reich

Ausstellung über trauriges Schicksal

Bielefeld (ag). Zum Gedenken an obdachlose Männer und Frauen, die in der Zeit der Nationalsozialistischen Diktatur verfolgt worden sind, wurde nun eine Ausstellung eröffnet. Vom 13. bis zum 29. September können Interessierte im Evangelischen Landeskirchenamt, Altstädter Kirchplatz 5, die Ausstellung »Wohnungslose im Nationalsozialismus« besuchen.

Organisiert wurde sie von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungshilfe. »Es ist uns ein Anliegen an diese verfolgten und ermordeten Menschen zu erinnern«, so Dr. Thomas Specht-Kittler, Geschäftsführer der BAG Wohnungshilfe. Fotos, alte Dokumente, Erläuterungen und Kommentare informieren über Themen wie »die Bettlerrazzia von 1933«, die so genannte »Rassenhygiene« oder »Zwangssterilisation«.
Pastor Friedrich Schophaus, Vorstandsvorsitzender der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel, und Hans-Detlef Hoffmann, Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, eröffneten die Ausstellung. Dr. Wolfgang Ayaß von der Universität Kassel, gab als Experte einen detaillierten Einblick ins Thema. Ayaß: »Ziel der Verfolgung war eine komplette Reinigung Deutschlands von so genannten degenerierten und defekten Elementen.«
Im September 1933 gab Goebbles den Befehl zur ersten groß angelegten Polizeirazzia gegen Bettler und Vagabunden. Bei der groß angelegten, einwöchigen Razzia wurden Asyle, Obdachlosenwohnheime und Notunterkünfte systematisch nach »Asozialen« durchsucht. »Das schlimme ist, dass zu dieser Zeit einige Fürsorgeverbände durch Mithilfe viel zur Vernichtung und Verfolgung beigetragen haben«, so Ayaß. Die Häftlinge aus der Kategorie der »Asozialen« blieben jedoch in Ost- und Westdeutschland von Entschädigungszahlungen ausgeschlossen. Erst in den letzten Jahren sind diese durch Härtefallregelungen möglich. Wie viele Bettler und Obdachlose ab 1938 in Konzentrationslager eingeliefert wurden, lässt sich nicht genau feststellen. Experten schätzen die Zahl jedoch auf über 10.000.
»Auch wenn das Thema schmerzt, darf man es nicht vergessen«, so Dr. Thomas Specht-Kittler und hofft viele Besucher begrüßen zu dürfen.

Artikel vom 14.09.2006