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Besucher kann sich selbst auf die Couch legen

»Kino im Kopf«: große Schau im Berliner Filmmuseum am Potsdamer Platz zum Freud-Jahr

Von Wilfried Mommert
Berlin (dpa). »Im Kino gewesen. Geweint.« Diese Tagebuchnotiz Franz Kafkas gilt für viele Kinobesucher heute noch und immer wieder. Warum aber ist das so?
In einer Spiegelwand kehren Filmsequenzen wieder.Foto: dpa

Dieser Frage und anderen »psychologischen Kinorätseln« geht die letzte Ausstellung zum Sigmund-Freud-Jahr 2006 nach, die von heute an im Filmmuseum am Potsdamer Platz zu sehen ist. »Kino im Kopf - Psychologie und Film seit Sigmund Freud« widmet sich einer vielschichtigen Beziehung anhand zahlreicher Filmbeispiele und Ausstellungsobjekte wie Briefen, Tagebüchern und anderen Dokumenten. Dabei kann sich der Besucher auch selbst auf die Couch legen und nur den Stimmen aus den Lautsprechern lauschen. Freud, der Begründer der Psychoanalyse, wäre in diesem Jahr 150 Jahre alt geworden.
Freud selbst hielt nicht viel von der »Kinematografie« und ging auch nur selten ins Kino. Dem Film traute er - anders als manche seiner Schüler - nicht zu, einen nennenswerten Beitrag zur Darstellung des Unbewussten zu leisten. Die Filmgeschichte belehrte den Wissenschaftler eines Besseren, wie die bis zum 7. Januar dauernde Ausstellung ausführlich und anschaulich dokumentiert. Dafür stehen Namen wie Alfred Hitchcock, David Lynch, Woody Allen, Luis Bunuel und Wim Wenders. Jüngstes Beispiel ist »Das weiße Rauschen« (2001) von Hans Weingartner mit Daniel Brühl.
In einem »Tränenkabinett« als »Testlabor« kann der Besucher feststellen, wie »nah am Wasser« er gebaut hat, wenn er bestimmte Filme sieht - zum Beispiel besonders rührselige Ausschnitte aus »Frühstück bei Tiffany« von Blake Edwards (1961), »Jenseits von Afrika« von Sydney Pollack (1985) oder »Philadelphia« von Jonathan Demme (1993). Demme ist natürlich auch mit seinem »Schweigen der Lämmer« (1991) vertreten, allerdings in der Abteilung »Profiler und Psychopath« mit Beispielen von Serienkillern im Film. Da darf auch der deutsche Nachkriegsfilm »Nachts, wenn der Teufel kam« von Robert Siodmak (1957) nicht fehlen. Er brachte Mario Adorf den Durchbruch im Filmgeschäft.
Freuds nicht unproblematische Beziehung zu Drogen wie Kokain wird nicht ausgespart und zum Thema »Rausch und Film« gemacht. In den 60er Jahren rückte die bewusstseinserweiternde Wirkung von Drogen ins Zentrum der gesellschaftlichen Diskussion, vor allem bei der rebellischen Jugend. Als Filmbeispiele sind hier unter anderem »Easy Rider« von Dennis Hopper (1969) und »Fear and Loathing in Las Vegas« von Terry Gilliam (1998) zu sehen.

Artikel vom 14.09.2006