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Frontzeck als
stiller Genießer

Aachen fertigt Mönchengladbach ab

Aachen (dpa). Ein Winken in das euphorisierte Publikum, ein Lachen - ein Mehr an Gefühlsausbrüchen gönnte sich Michael Frontzeck nicht.
Die Körpersprache des Neuen auf der Trainerbank von Alemannia Aachen entsprach keineswegs der eines Triumphators. Dabei hätte der 42-Jährige nach dem 4:2 über Frontzecks ehemaligen Club Borussia Mönchengladbach allen Grund gehabt, sich so richtig feiern zu lassen nach »einem super Nachmittag, nach einem Riesenspiel meiner Mannschaft.«
Frontzeck genoss das Erlebte still. »Rundum glücklich« sei er, aber auch »geschlaucht. Ich möchte jetzt einfach nur noch nach Hause zu meiner Frau«, sagte der EM-Zweite von 1992. Überschwänglichkeit ist Frontzecks Sache nicht, selbst dann nicht, wenn der Sieg gegen den Trainer-Kollegen zu Stande kam, der dem damals 19 Jahre alten »Fohlen« Frontzeck am 13. August 1983 als Spieler zum Debüt verhalf.
Borussen-Coach Jupp Heynckes war generös: »Ich gönne es dem Michael.« Mit seiner eigenen Mannschaft ging der Altmeister hart ins Gericht: »So kann man in der Bundesliga nicht spielen.« Das Defensiv-Verhalten seines Teams sei vor und bei den Aachener Treffern durch Laurentiu Reghecampf (7./Handelfmeter), den ehemaligen Gladbacher Jan Schlaudraff (31./84.) und Marius Ebbers (51.) nicht vorhanden gewesen: »Wir waren nicht in der Lage, dagegen zu halten.« Doppel-Torschütze für die Gäste im Nachbarschafts-Duell war Kahe (50./90.).
Empfindlich gestört wurde die Partie durch rassistische Schmährufe. Sie riefen auch DFB-Präsident Theo Zwanziger auf den Plan. Schiedsrichter Michael Weiner ließ über Stadion-Lautsprecher mit einer mehrminütigen Unterbrechung drohen, weil Gäste-Stürmer Kahe aus dem Aachener Fanblock als »Asylant« beschimpft worden war. Eine Woche zuvor hatten Zuschauer beim DFB-Pokal-Spiel des FC Schalke 04 beim Oberligisten FC Hansa Rostock II Nationalspieler Gerald Asamoah mit Affengeräuschen beleidigt.
»Die Vereine machen sich mitschuldig«, sagte DFB-Chef Zwanziger. »Sie können sich nicht länger damit herausreden, dass es sich bei rechtsradikalen und rassistischen Ausfällen um die Aktionen einiger weniger Störenfriede handle. Sie tragen die Verantwortung und müssen auch mit Konsequenzen leben - bis hin zum Punktverlust«, sagte Zwanziger.
Der Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes hatte am 8. September die Grundlage für Bestrafungen nach rassistischen Vorfällen geschaffen. Entsprechend der Richtlinien des Weltverbands FIFA will der DFB künftig »diskriminierenden und menschenverachtenden Verhaltensweisen« entgegentreten. Dabei drohen Spielern oder Offiziellen Sperren und Geldstrafen. Vereine können für Fehlverhalten ihrer Fans mit Punktabzug und Ausschluss aus dem Wettbewerb bestraft werden.

Artikel vom 18.09.2006