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»PC-Gebühr Wegelagerei«

ARD will keine Exklusivverträge mehr abschließen

Schwerin (dpa). Der Vorschlag der ARD, die Rundfunkgebühr für internetfähige PCs auf 5,52 Euro festzulegen, ist erneut auf Kritik gestoßen.

»Mit diesem faulen Kompromiss wird ein längst überholtes Inkasso-Modell zementiert«, rügte gestern Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM). Die Rundfunkgebühr werde mit künstlichen Argumenten auf immer mehr Geräte ausgeweitet.
»Der Besitz eines Rechners hat nichts mit dem Radiohören zu tun«, bemängelte Rolf Kurz, Präsident des Bundesverbands der Selbstständigen (BDS). »Er dient der Arbeit und dem Geschäft.« Kurz sprach von »Wegelagerei«. Die ARD betonte: Unternehmer, die bereits für ihr Büro die GEZ-Gebühr zahlten, seien genauso von der neuen Regelung ausgenommen wie Privatleute, die Geld für TV und Radio berappen.
Mit der ARD-Entscheidung werde das Kernproblem der Gebühr lediglich verschoben, kritisierte die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Grietje Bettin. Viel sinnvoller sei eine pauschale, von Geräten unabhängige Mediengebühr pro Haushalt. Die Medienpolitiker von CDU und CSU erklärten gestern, nur ein kleiner Teil des öffentlich-rechtlichen TV-Angebots sei im Internet verfügbar, es sei »nicht verhältnismäßig, eine Fernsehgebühr für das bestehende Angebot zu verlangen«.
Die Rundfunkkommission der Länder will am 20. und 21. September einen Entschluss über die PC-Abgabe fällen. Die ARD war außerdem wegen der Exklusivverträge mit aktiven Sportlern in die Kritik geraten. In Schwerin einigten sich die Gremienvorsitzenden gestern, auf solche Verträge künftig zu verzichten. Programmdirektor Günter Struve begründete dies mit der »Gefahr für die journalistische Unabhängigkeit sowie die Objektivität und Neutralität der Berichterstattung«.
Die ARD hatte 1999 mit Radprofi Jan Ullrich einen Vertrag geschlossen, der dem Sportler 195 000 Euro als Gegenleistung für Interviews und Auftritte einbrachte. Zudem wurde bekannt, dass sein Berater Rudi Pevenage einen so genannten »Mitwirkendenvertrag« mit der ARD unterhielt.
Über Sportkoordinator Hagen Boßdorf, der fünf weitere Jahre amtieren soll, sagte der ARD-Vorsitzende Thomas Gruber, es sei vorgesehen gewesen, den Vertrag nicht zu verlängern, wenn neue Erkenntnisse zu seinen Beziehungen zur Stasi bekannt würden. Die Birthler-Behörde habe keine wesentlichen Informationen geliefert, sagte er. Nach seinen Worten habe Boßdorf so überdurchschnittliche Leistungen gezeigt, dass alles für eine Vertragsverlängerung gesprochen habe. Auch Struves Vertrag wurde verlängert, und zwar bis zum Herbst 2008.

Artikel vom 14.09.2006