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Möbelbranche stellt sich auf
einen »heißen Herbst« ein

Ordermesse MOW beginnt - Schieder-Gruppe startet Innovationsoffensive

Von Bernhard Hertlein
Herford/Schieder (WB). An diesem Wochenende beginnt in Ostwestfalen-Lippe die Möbelordermesse MOW. Sie steht, da sind sich die Schieder-Geschäftsführer Samir Jajjawi und Franz-Josef Golüke einig, am Anfang eines für die Branche heißen Herbstes.

Golüke, in der Schieder-Holding verantwortlich für Vertrieb, Marketing und Produktion, schildert das Ausmaß der jahrelangen Talfahrt: »Im Jahr 2000 haben die Verbraucher in Deutschland pro Kopf 430 Euro in neue Möbel investiert; bis Ende 2005 ist diese Summe auf 360 Euro zurückgegangen.« Dabei kauften die Deutschen nicht einmal weniger Möbel; sie gaben nur weniger für das einzelne Sofa und den Wohnzimmerschrank aus. Die Branche kam den Kunden zudem mit stark rückläufigen Preisen entgegen.
Beide Trends sind, so Jajjawi, gestoppt. Nicht nur hat die Konjunktur seit Jahresbeginn in Deutschland angezogen. Auch die Preise gehen in die Höhe -Ênotgedrungen, wie der Sprecher und kaufmännische Leiter der Schieder-Geschäftsführung betont. Holz, Energie, Schaumstoffe, Metalle sowie Leime und Lacke hätten sich in einem Maß verteuert, dass den Herstellern gar keine Alternative bleibe, als die Erhöhungen an die Kunden weiterzugeben. 2007 sei infolge der Mehrwertsteuererhöhung sogar mit einem Anstieg um insgesamt sieben bis zehn Prozent zu rechnen.
Wer sich die drei zusätzlichen Punkte bei der Mehrwertsteuer unbedingt ersparen will, sollte Jajjawi zufolge seine Möbel bis spätestens Mitte Oktober bestellen: »Danach könnte es wegen der Lieferzeiten knapp werden.«
Die Schieder-Gruppe erwartet als führender Möbelhersteller in Europa im Geschäftsjahr 2006/07 (31.03.) ein ohne Zukäufe zu erzielendes Umsatzplus von fünf Prozent. »Derzeit liegen wird deutlich über Plan«, erklärte Jajjawi. Selbst in Deutschland, wo Schieder seinen Schwerpunkt eigentlich auf eine verbesserte Ertragslage setze, steige der Umsatz. Nach jahrelanger Stagnation betreffe dies sowohl Polster- als auch Wohn- und Schlafzimmermöbel.
Schieder reagiert auf die positive Entwicklung mit einer bisher beispiellosen Innovationsoffensive. Jedes zweite der 750 Möbelstücke, die während der MOW in der 5000 Quadratmeter großen »Halle 21« in Bad Salzuflen und auf 15 000 Quadratmetern am Stammsitz in Schieder ausgestellt werden, ist neu im Sortiment. In den Vorjahren habe diese Quote nur bei einem Drittel gelegen.
Dabei geht der Trend nach Angaben der Schieder-Manager zu dunkleren Hölzern wie Nussbaum und Kernbuche. Bevorzugt werde Massivholz, natürlich gewachst oder geölt. Teilweise würden die Holz- mit Lackflächen gemixt, bevorzugt mit Schwarz, Weiß, Grün (Olive, Pistazie) oder Braun (Noce = Nussbaum, Capucchino).
Ansonsten sei Funktion gefragt. Jajjawi und Golüke erwähnen vor allem neue Beschläge für Softeinzüge bei den Schubläden, Vorrichtungen zum Anbringen der Flachbildschirme sowie die Verstellbarkeit der einzelnen Elemente bei Betten und Plostermöbeln. Neue, mit Hilfe der Nanotechnologie entwickelte Stoffe, die den Schmutz noch besser abperlen ließen, seien jetzt in jedweder Trendfarbe verfügbar.
Nachdem sich die Zahl der Möbeleinkaufsverbände in den vergangenen fünf Jahren von 25 auf 10 reduziert hat, sieht Jajjawi im Einzelhandel nun sogar bessere Chance für alternative Nischenanbieter: »Der typische Mittelständler, der auf 30 000 Quadratmeter das komplette Angebot vorhalten möchte, wird dagegen den Warenhaus-Tod sterben.«
Schieder selbst unterstützt den Handel zwar mit Verkaufskonzepten, plant aber -Êanders als in Polen (»Top-Meble«) und Kroatien (»Doma«) - keine eigenen Möbelhäuser.
40 Prozent ihres Umsatzes von zuletzt 920 Millionen Euro erwirtschaften die Ostwestfalen im Ausland. Schwerpunkte sind West- und Nordeuropa. Von den 11 100 Beschäftigten arbeiten allein 8900 in Polen.
In Deutschland sind 1700 Fachkräfte beschäftigt, davon gut 1500 in Ostwestfalen-Lippe. In China wird Schieder am 28. Oktober die neue Polstermöbel-Fertigung in Changzhou einweihen. Die dort gefertigen Möbel wird man übrigens auch auf der MOW sehen können, obwohl die Produktion Gölüke zufolge größtenteils in Asien abgesetzt werden soll.
Nach der Eröffnung des China-Werks will sich Schieder wieder stärker dem russischen Markt widmen. Geplant ist nach wie vor die Eröffnung einer Produktion in Nowgorod in der Nähe einer Pfleiderer-Spanplattenproduktion oder in Kostroma bzw. Sharia, wo der Konkurrent Kronospan fertigt. Dabei ist man von dem Wunsch, ein neues Werk zu errichten, abgegangen und sucht jetzt eine schon fertig gestellte Immobilie.
www.schieder.de

Artikel vom 16.09.2006