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Marine vor Libanon-Einsatz

Bundesregierung will 2400 Soldaten entsenden - Vermittler aus Deutschland

Berlin (dpa/Reuters). Das Bundeskabinett hat gestern den UN-Einsatz der deutschen Marine vor der libanesischen Küste beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einer »historischen Dimension« des bevorstehenden Einsatzes. »Wir haben ein ganz besonderes Interesse an der Stabilität in der Region.«
Das Kabinett habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ziel sei, »eine tragfähige Gesamtlösung für diese Region zu erreichen«. Die Bundeswehr wird sich mit insgesamt 2400 Soldaten von Marine und Luftwaffe an der UN-Truppe UNIFIL beteiligen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte die internationale Gemeinschaft auf, zu ihren Zusagen für die Mission zu stehen. Hier stehe ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.
Die Spitzen der beiden Koalitionsfraktionen signalisierten bereits Zustimmung. Auch die Grünen werden nach Einschätzung ihrer Führung mehrheitlich den Einsatz mittragen. Die FDP und die Linkspartei blieben auch nach einer Unterrichtung der Fraktionsspitzen durch Merkel bei ihrer Ablehnung.
Der Einsatz mit »robustem Mandat«, der bis zu 50 Seemeilen vor der libanesischen Küste keine Beschränkungen vorsehe, sei zunächst bis zum 31. August 2007 befristet, sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Die Kontrolle verdächtiger Schiffe sei auch gegen den Widerstand der Besatzung gestattet.
Operationsgebiet der deutschen Marine sind 50 Seemeilen vor der Küste. Innerhalb der 12 Seemeilen-Zone, die libanesisches Hoheitsgebiet sind, können libanesische Verbindungsoffiziere an Bord der deutsche Schiffe sein. Sie haben aber »kein Vetorecht«
Neben Deutschland werden in dem UN-Marineverband im Rahmen der UN-Friedenstruppe UNIFIL auch Schweden, die Niederlande, Norwegen und Dänemark Schiffe einsetzen.
Kommt es dazu, dass die deutsche Marine ein anderes Schiff nach Waffen durchsuchen muss, soll diese Operation mit dem libanesischen Verbindungsoffizier an Bord abgestimmt werden. Ob die entdeckten Waffen auf dem aufgebrachten Schiff bleiben sollen oder beschlagnahmt und auf die deutschen Schiffe gebracht werden, entscheidet der deutsche Schiffskommandant. 2006 wird der Einsatz 46 Millionen Euro kosten, 2007 etwa 147 Millionen.
Die libanesische Regierung erwartet nach Angaben aus Sicherheitskreisen bereits in den kommenden Tagen einen von den UN ernannten Vermittler, der einen Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hisbollah auf den Weg bringen soll. Dabei werde es sich um einen Deutschen handeln, verlautete gestern in Beirut. Der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Ernst Uhrlau wurde als möglicher Vermittler genannt.
Deutschland soll unter dem Eindruck der sich verschärfenden Sicherheitslage in Afghanistan weiter mit einem großen Bundeswehr-Kontingent und zivilem Engagement zur Stabilisierung des Landes beitragen.
Das Bundeskabinett beschloss gestern ebenfalls, den Einsatz von bis zu 3000 Soldaten in der internationalen Schutztruppe ISAF um ein Jahr zu verlängern. Die Kosten für den Bundeswehreinsatz für ein weiteres Jahr belaufen sich auf 450 Millionen Euro. Deutschland unterstützt Afghanistan bis 2010 auch mit jährlich 80 Millionen Euro und hat beim Aufbau und der Ausbildung der Polizei eine Führungsaufgabe. Im Bundestag wird bei der Abstimmung über die Verlängerung des Einsatzes am 29. September mit einer heftigen Debatte gerechnet. Die Grünen haben Zweifel, dass das Land befriedet werden kann, ohne das Problem des Drogenanbaus zu lösen. Die Linkspartei lehnt den Einsatz als völkerrechtswidrig ab.
Informationen der »Bild-Zeitung« zufolge kämpft auch die Bundeswehr-Spezialtruppe KSK wieder in Afghanistan. Gemeinsam mit US-Spezialeinheiten kämpfe das Kommado an der Grenze zu Pakistan gegen die radikalislamischen Taliban. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 14.09.2006