18.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hargreaves' Beinbruch tut weh

1:2 und ein verletzter Spieler: Bayerns böses Erwachen in Bielefeld

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). In München wussten sie schon, wieso sie Owen Hargreaves nicht nach Manchester ziehen ließen. Seit Samstag wissen es auch alle diejenigen, die angesichts einer 30-Millionen-Euro-Offerte für den Mittelfeldspieler über das Nein der Bayern-Bosse nur mit dem Kopf schütteln konnten.
Hofft auf den Lerneffekt: Kapitän Oliver Kahn.
Bis er wegen eines Wadenbeinbruchs Mitte der ersten Halbzeit der Partie bei Arminia Bielefeld (1:2) ausgewechselt werden musste, war Hargreaves die treibende Kraft des Bayern-Spiels. Nicht immer spektakulär, aber unheimlich effektiv. »Nach Owens Ausfall ist unser Gerüst wackelig geworden«, sagte Felix Magath. Der Bayern-Trainer brachte für den englischen Nationalspieler einen argentinischen. Ersetzen konnte Martin Demichelis Hargreaves, der mindestens sechs Wochen fehlen wird, aber nicht.
Dafür bemühte sich Magath um eine Erklärung: »Im Basketball lässt sich in solchen Situationen eine Auszeit nehmen. Im Fußball geht das Spiel nach so einer Szene (gemeint war das folgenschwere Foul des Bielefelders Thorben Marx an Owen Hargreaves, die Redaktion) weiter.«
Mit der Folge, dass nur eine Minute nach dem Spielerwechsel Artur Wichniarek die Schlafmützigkeit in der Bayern-Abwehr mit dem Kopfballtor zum 1:1 bestrafte (24.) - der Halbzeitstand. Und ein Ergebnis, »das nach so einer Partie auch mal völlig ausgereicht hätte«, wie Oliver Kahn befand. Doch statt ruhig und verzögernd zu spielen, wie sich der Kapitän das gewünscht hätte, habe Bayern weiter anzugreifen versucht und dabei erhebliche Defizite in der Rückwärtsbewegung offenbart. Kahn: »Ich hoffe, wir lernen daraus.«
Lernen muss allen voran Lukas Podolski: dass es bajuwarischen Ansprüchen nicht genügt, eine gute Leistung im Pokal (bei St. Pauli) zu zeigen und sich dann in Champions-League (gegen Moskau) und Bundesliga (in Bielefeld) wieder unsichtbar zu machen. Weil Prinz Poldi aber ruck-zuck im Mannschaftsbus verschwunden war, mussten andere die kritischen Fragen nach der Leistung des Stürmerstars beantworten. Mark van Bommel zum Beispiel, der die Bayern früh in Führung gebracht hatte: »Poldi fehlt ein bisschen das Glück. Wir probieren, ihm zu helfen. Den Rest muss er selber machen.«
Große Freude empfand der nachverpflichtete Niederländer über sein Tor beim Bundesligadebüt für die Bayern nicht. »Ich denke, ich werde die erste SMS schreiben müssen«, sagte sein Schwiegervater Bert van Marwijk. Der Trainer von Borussia Dortmund hatte mit seiner Mannschaft 1:0 über Hamburg triumphiert und wird von Mark van Bommel als Ansprechpartner in Sachen Fußball sehr geschätzt. »Wir reden nach Spielen immer miteinander. Er findet stets die richtigen Worte«, ließ van Bommel wissen.
Statt sich den Mund fusselig zu reden, schickte Felix Magath am Morgen nach dem Spiel seine Kicker zwecks Frustbewältigung lieber auf Rädern in den Wald. Ausrollen statt Auslaufen also. Am Samstag geht die Bundesliga für den Deutschen Meister weiter. Alemannia Aachen kommt in die Allianz-Arena. Die Bayern wären nicht die Bayern, würden sie der Pleite in Bielefeld nicht die passende Reaktion folgen lassen.

Artikel vom 18.09.2006