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200 Jahre alte Linden
benötigen Profi-Pflege

Nur wenig Geld für den Erhalt von Naturdenkmälern


Bielefeld (MiS). 105 Bäume im Bielefelder Innenstadtbereich sind im Entwurf für die neue städtische Naturdenkmalverordnung aufgeführt. Bei Bäumen, die in dieser Liste vermerkt sind, übernimmt die Stadt auch Kosten für die Pflege.
Der Arbeitsplatz von Diplom-Holztechniker Matthias Dorenkamp befindet sich in schwindelnder Höhe. Aus der Krone einer mehr als 200 Jahre alten und 30 Meter hohen Linde vor dem alten Stiftsgebäude an der Beckhausstraße in Schildesche schneidet er morsche Äste. Gemeinsam mit seinen Kollegen Ulrich Grupe und Udo Fritzenkötter lässt er das Holz vorsichtig an einem Seil herunter. Schließlich soll das Dach des Fachwerkhauses keinen Schaden nehmen.
Werner Schwitalla vom städtischen Umweltamt hat das auf Höhenarbeiten am Seil spezialisierte Gütersloher Unternehmen »Climbtek« mit der Baumpflege der Linde und ihrer gleichaltrigen »Schwester« gleich nebenan beauftragt. »Beide Bäume sind noch in einem hervorragenden Zustand«, sagt Schwitalla und fügt schmunzelnd an: »Die überleben uns noch alle.« Mit Hilfe einer Schall-Tomografie hatte sich Schwitalla vom Zustand des Gehölzes überzeugt, bevor er Matthias Dorenkamp und dessen Team mit der umfassenden Kronenpflege beauftragte. So bleibt die Verkehrssicherheit rund um die historischen Gewächs gesichert. Trockene Äste werden herausgetrennt, aber auch so genannte Scheueräste, die zu dicht nebeneinander gewachsen sind.
Henrika Kliegelhöfer, seit mehr als 30 Jahren Mieterin im Stiftsgebäude, hatte die Stadt auf die beiden alten Linden vor ihrem Haus aufmerksam gemacht. Sie wurden in den Entwurf der neuen Verordnung aufgenommen, über die die Politiker bis Jahresende entscheiden müssen.
»Wir überprüfen regelmäßig den Zustand der Bäume«, sagt Schwitalla. Dann werde entschieden, an welchen Bäumen Erhaltungsarbeiten stattfinden. Der zur Verfügung stehende Etat ist allerdings begrenzt, beträgt für den Innenstadtbereich 10 000 Euro jährlich. Aber schon die Pflege der beiden Linden in Schildesche schlägt mit 2 500 Euro zu Buche.
»Big Shot« heißt das Gerät, mit dem Matthias Dorenkamp und seine Kollegen Seile in die Baumkrone schießen. Mit ihrer Hilfe können sie den Stamm emporklettern und abgesichert in der Krone mit ihrer Arbeit beginnen. Ein Tipp von Fachmann Dorenkamp: »Kronenpflege betreibt man am besten in der Zeit von Mai bis September.« Dann können sich die Bäume viel besser regenerieren als in der kalten Jahreszeit, wenn die meisten Hobbygärtner mit Baumschnitt beginnen.

Artikel vom 12.09.2006