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Finanzaufsicht Bafin unter Druck

Mitarbeiter soll Behörde um vier Millionen Euro betrogen haben

Bonn/Berlin (dpa). Die Betrugsaffäre bei der obersten deutschen Finanzaufsicht (BaFin) weitet sich aus und bringt deren Chef Jochen Sanio zunehmend unter Druck.
Unter Druck: Der Präsident der BaFin, Jochen Sanio. Foto: dpa
Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittle insgesamt gegen sechs Beschäftigte bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Der durch einen leitenden Beamten im IT-Bereich verursachte Schaden belaufe sich auf mehr als vier Millionen Euro. In den anderen Fällen gehe es um Betrug bei Anstellungen - etwa Stellenbesetzung mit Freunden - und Untreue in der Behörde.
Das Bundesfinanzministerium, dem die BaFin unterstellt ist, äußerte sich besorgt über mögliche schwere Versäumnisse. Der Befund eines Gutachtens von Wirtschaftsprüfern sei als »sehr, sehr ernst« einzustufen, sagte Ministeriumssprecher Torsten Albig in Berlin. Die BaFin erklärte, sie wolle sich in der Angelegenheit nicht äußern.
Mitglieder des Verwaltungsrates verwiesen auf noch etliche offene Fragen. Es sei zu früh, um Konsequenzen zu ziehen oder über eine mögliche Abberufung von Sanio zu spekulieren. Die BaFin kontrolliert Banken, Versicherer und den Aktienmarkt.
Die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers (PwC) haben nach Angaben des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« der BaFin-Führung mangelnde Kontrollen im eigenen Haus bescheinigt. Unter anderem habe es bei der BaFin kein zentrales Vertragsmanagement gegeben, Prüfungen der IT-Beschaffung seien mehrere Jahre nicht durchgeführt worden. Das Fehlen einer zentralen Kontrollinstanz habe es ermöglicht, dass ein Mitarbeiter Millionen habe veruntreuen können.
Mit einer baldigen Anklage gegen den geständigen Beamten sei zu rechnen, sagte Oberstaatsanwalt Fred Apostel. Dem Mann, der im April verhaftet wurde und derzeit von der Haft verschont ist, würden Untreue, Betrug, Bestechlichkeit, Bestechung und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Der frühere Referatsleiter soll zusammen mit Partnern aus Firmen Scheinrechnungen für IT-Software ausgestellt haben. In den anderen Fällen gegen fünf weitere BaFin-Beschäftigte - alle aus dem IT-Bereich der - werde wegen Betrugs und Untreue ermittelt.

Artikel vom 12.09.2006