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Nicholas Broadhurst inszeniert »Die Hochzeit des Figaro«

Slapstick, Komik und eine Prise Tiefgang

Nicholas Broadhurst inszeniert »Die Hochzeit des Figaro«

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Erwartungsfroh fiebert das Opernpublikum »Figaros Hochzeit«, der ersten Premiere im sanierten Stadttheater, entgegen. Die Tatsache, dass der Brite Nicholas Broadhurst die Mozart-Oper inszeniert, lenkt die Erwartungen nicht von ungefähr in eine Richtung leichtfüßig und zugleich tiefsinnig daherkommenden englischen Humors.

Platzierte Broadhurst doch in der vergangenen Spielzeit mit seiner mutigen, humor- wie liebevollen Inszenierung der Rossini-Oper »Die Reise nach Reims« einen Publikumserfolg par excellence, indem er die Handlung der Krönungsoper in ein Seniorenheim verlegte und damit eine wagemutige, aber durchweg gelungene Interpretation »verhinderter Reisender« vorlegte.
Eine verblüffende Parallele kündigt sich nun im »Figaro« an, wenn der Regisseur den Landsitz des Grafen Almaviva mit einer Schönheitsfarm vertauscht, die den zeitgemäßen Rahmen bietet für Liebe, Intrige und Eitelkeiten. In Broadhursts exzentrischer Wellness-Klinik geht es heiß her. »Rivalierende Männer verwandeln sich wieder in kleine Jungen und benehmen sich richtig kindisch, derweil die Gräfin ihre erste Arie auf dem Trimmfahrrad strampelnd absolviert«, weckt Nicholas Broadhurst die Neugierde auf sein jüngstes Kind.
Wie bereits bei der »Reise« absolvierte der Choreograf Struan Leslie mit den Sängern und Sängerinnen ein auf die Inszenierung abgestimmtes Bewegungstraining. »Diesmal geht es aber weniger darum, physische Zustände darzustellen, sondern um die Frage, was Männlichkeit ausmacht«, erläutert Broadhurst, der im Übrigen auch in Bezug auf die Ausstattung auf das bewährte Team der Rossini-Inszenierung setzt. Mit Timo Dentler und Okarina Peter (Kostüme und Bühnenbild) zusammenzuarbeiten, sei einem Aha-Erlebnis gleichgekommen, berichtet der Regisseur: »Wir haben eine ähnliche poetische Annäherung an den Stoff. Es war wie Liebe auf den ersten Blick.«
Neben Slapstick und Situationskomik setzt Broadhurst aber auch auf Tiefgang: »Der Figaro ist für mich eine Komödie in einem sozialen Spannungsfeld und ein Mix aus Comedy und intensiven Gefühlen«, sagt er.
Auf der Ebene der Musik setzt sich diese Ambivalenz fort. »Die Musik ist erst einmal oberflächlich unterhaltend, hat aber viel Tiefgang«, bestätigt Generalmusikdirektor Peter Kuhn, dem die musikalische Leitung obliegt. Spannend bis zuletzt bleibt die Frage, wie das Werk unter den neuen, verbesserten akustischen Bedingungen im Stadttheater klingen wird. Besser, soviel ist klar. »Wir können leichter und eleganter spielen«, sagt Kuhn und verweist darauf, dass sich der Klang bei halb hochgefahrenem Orchestergraben in alle Richtungen optimal entfalten kann.
Besetzt wird die Oper weitgehend aus dem eigenen Ensemble. So sind in den Hauptrollen Alexander Marco-Buhrmester (alternierend mit Meik Schwalm) als Graf Almaviva, Melanie Kreuter als Gräfin, Cornelie Isenbürger (abwechselnd mit Victoria Granlund) als Susanna sowie Michael Bachtadze als Figaro zu erleben.
Die Premiere am Dienstag, 19. September, 20 Uhr, ist ausverkauft. Zahlreiche weitere Vorstellungen laufen bis in den März 2007.

Artikel vom 14.09.2006