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Ärzte für Vierfach-Impfung

Gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken - Erste Kasse zahlt

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Kinder sollten gleichzeitig gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken geimpft werden. »Wir befürworten den Vierfachschutz«, sagte die Kinder- und Jugendärztin Mechthild Westermann aus Porta Westfalica (Kreis Minden-Lübbecke) gestern dieser Zeitung.

Der Kombinationsimpfstoff MMRV sei seit kurzem zugelassen und für die Kinder gesundheitlich unbedenklich, erklärte die Sprecherin für Westfalen im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Allerdings hätten die Spitzenverbände der Krankenkassen noch keine Zustimmung dazu gegeben, die Kosten der Vierfach-Impfung zu übernehmen.
Dies sei umso bedauerlicher, als das Serum für die herkömmliche Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) teilweise knapp geworden sei, sagte Westermann: »Wegen der Masernepidemie im Ruhrgebiet hat ein Hersteller einen Engpass.«
In diesem Jahr sind in Nordrhein-Westfalen bereits 1709 Menschen an Masern erkrankt; 2005 wurden hier nur 25 und bundesweit 778 Fälle registriert. Ostwestfalenweit erkrankten 18 Kinder seit Januar 2006. Zuletzt trat das Virus in einer Schule und einer Kindertagesstätte in Paderborn auf. In fünf Fällen sei die Krankheit nachgewiesen, bei drei weiteren bestehe der Verdacht, sagte der Leiter des Kreisgesundheitsamtes Georg Alles gestern dieser Zeitung.
Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut in Berlin empfiehlt ab dem vollendeten 11. Lebensmonat eine zweimalige kombinierte Schutzimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln. Diese Impfung könne mit dem Schutz gegen Windpocken verbunden werden. Weil der Kombinationsimpfstoff MMRV inzwischen zugelassen ist, befürworten Mediziner dessen Einsatz. Kinder- und Jugendärzte haben sich bei den Krankenkassen für MMRV stark gemacht. Der Stoff sei »sehr gut verträglich«.
Deshalb übernimmt die Deutsche BKK als eine der ersten Kassen »übergangsweise« die Kosten für die Vierfach-Impfung. Dies gelte für die »Dauer der Lieferschwierigkeiten beim herkömmlichen Serum«, sagte die Sprecherin der größten Betriebskrankenkasse mit gut einer Million Versicherten, Lydia Krueger, dieser Zeitung. Der Engpass sei voraussichtlich Mitte oder Ende Oktober behoben. Die Vierfach-Impfung auch gegen Windpocken koste pro Patient etwa 40 Euro mehr als der alleinige Schutz gegen Masern, Mumps und Röteln, sagte Krueger.
Abgerechnet werde sie ganz normal über die Krankenversichertenkarte. Bis Ende Oktober entstünden der Krankenkasse »Mehrkosten in sechsstelliger Höhe«. Für die Kinder bedeute die Vierfach-Impfung »einen Pieks weniger«.
Nicht nur der Impfstoff gegen Masern, sondern auch der gegen Grippe ist zur Zeit knapp. Weil es Probleme bei der Produktion gebe, werde das Serum gegen Grippe erst »ab Oktober vorliegen«, erklärte gestern Michael Schmitz von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe in Münster. Normalerweise beginne die Impfsaison im September, aber in diesem Jahr werde sie sich um einen Monat verzögern.

Artikel vom 12.09.2006