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Zur Sache

Ende
einer
Ära

Von Oliver Kreth

Kompromisslos, besessen, perfektionistisch nennen ihn Teamkollegen und Konkurrenten - verlässlich, großzügig, entspannt beschreiben ihn diejenigen, die Michael Schumacher nahe stehen.
Länger als jeder andere Fahrer hat Schumacher die Formel 1 geprägt und bestimmt. Nie stand ein Pilot derart im Fokus der Öffentlichkeit wie der Kerpener. Dabei ist Schumacher nie so ein Weltmeister der Herzen geworden, wie es der tödlich verunglückte Brasilianer Ayrton Senna war. Seine Dominanz mit sieben WM-Titeln und beinahe allen wichtigen Rekorden hat Distanz geschaffen. Das reservierte Auftreten des Multi-Millionärs verstärkte den Eindruck des Renn-Roboters.
Doch da gab und gibt es eben auch die anderen Seiten. Zum Beispiel am 10. September 2000: Schumacher gewann seinen 41. Grand Prix und holte damit in der ewigen Rangliste Senna ein, einen Mann, den er auf der Strecke bekämpft, aber eben auch unendlich bewundert hatte. In der Siegerpressekonferenz übermannten ihn dann die Gefühle, Tränen flossen. Ein ganz starker, weil Schwäche zeigender Moment.
Oder im September 2001: Da sprach sich Schumacher wegen der Anschläge auf das World Trade Center in New York für einen Startverzicht beim Großen Preis von Italien aus. Der Wunsch wurde ignoriert. Der Ferrari-Pilot fuhr absichtlich nur auf Rang vier, um nicht in der Siegerpressekonferenz reden zu müssen.
Da sind da noch seine caritativen Einsätze als UNESCO-Sonderbotschafter oder für die Stiftung für Gehirn- und Rückenmarkserkrankung. Sie verlaufen meist abseits der Öffentlichkeit. Als er nach der Tsunami-Katastrophe 2004 zehn Millionen Dollar spendete, wollte er nicht darüber reden.
Neben diesen großen Gesten gab es aber eben auch seine rücksichtslose Art auf der Rennpiste, die selbst vor seinem jüngeren Bruder Ralf nicht Halt macht. Zuletzt machte er sich durch die »Straßensperre« von Monaco unbeliebt. Die Entscheidung, die er gestern bekannt gegeben hat, ist richtig und perfekt getimt - wie vieles in seinem Motorsportleben. Er wird der Formel 1 fehlen. Nicht nur in Deutschland.

Artikel vom 11.09.2006