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Der Champion sagt Tschüss

Rekord-Weltmeister Michael Schumacher bleibt aber Ferrari treu

Monza (dpa). Später war Michael Schumacher bewegt und kündigte mit schwerer Stimme das Ende seiner einmaligen Formel-1-Karriere an.

Zuvor geriet die letzte Ehrenrunde auf einem Rennkurs in Europa zur Triumphfahrt. Tausende Tifosi liefen nach dem Rennen auf die Strecke zur Siegerehrung und bejubelten ihren »Michele«. An den Tribünen hatten die Fans Transparente gehängt. »Michael, ich bitte dich, verlasse Ferrari nicht«, bat einer.
Im Fahrerlager nahm ihn erst Ferrari-Chef Luca di Montezemolo in den Arm, dann lief er zu seiner Frau Corinna sowie Teamchef Jean Todt und umarmte sie mit Tränen in den Augen. Das Abspielen der deutschen und italienischen Nationalhymnen verfolgte er auf dem Siegerpodest mit ernster Miene. »Irgendwann kommt der Punkt, wo alles einmal zu Ende geht. Das wird am Ende dieses Jahres ein, so dass ich meine Karriere beenden werde«, sagte der 37 Jahre alte Rekordweltmeister nach seinem letzten Auftritt als Rennfahrer in Europa und bemühte sich, gefasst zu wirken.
»Das war die schwerste Entscheidung meines Lebens.« Er dankte allen, die ihn in seiner Karriere unterstützt haben, »besonders meinem Vater, meiner verstorbenen Mutter, meiner Frau und den Kindern«. Sein Nachfolger bei Ferrari saß bei der Pressekonferenz nach dem Rennen neben ihm: Kimi Räikkönen, in Monza Zweiter, wird wie erwartet 2007 von McLaren-Mercedes zur Scuderia wechseln und erhält einen Vertrag bis 2009, Teamkollege Felipe Massa bleibt bis 2008.
»Ich habe gemerkt, dass es immer schwieriger werden kann, Energie und Motivation aufzubringen«, gestand der Ferrari- Chefpilot Amtsmüdigkeit ein. Doch in den letzten drei Rennen in China, Japan und Brasilien will Schumacher noch einmal alles geben, um seine Karriere mit dem achten Titel zu krönen. »Lasst uns auf die letzten drei Rennen freuen und darauf hoffen, dass noch ein paar Siege dazukommen.«
Schumachers Schritt kam nicht mehr überraschend. Neun Monate lang hatte die Formel-1-Welt gerätselt, was Schumacher nach seiner 16. Saison in der »Königsklasse des Motorsports« macht. Den Entschluss zum Aufhören hatte der Kerpener nach dem US-Grand-Prix in Indianapolis Anfang Juli getroffen. Da Räikkönens Wechsel schon feststand, musste eine Entscheidung für Massa getroffen werden. »Er ist ein talentierter und großartiger Junge. Ich wollte seiner Zukunft nicht im Wege stehen«, lobte Schumacher den 25-jährigem Brasilianer.
»Das Team hat mir alle Türen offen gelassen. Am Ende haben meine Frau Corinna und ich selbst die Entscheidung getroffen«, sagte der nunmehr 90-malige Grand-Prix-Sieger, der bald zehn Jahre lang für die Scuderia gefahren ist. Dafür, dass es so lange bis zur Verkündung gedauert hatte, entschuldigte er sich: »Es galt den richtigen Moment zu finden. Er ist jetzt gefunden.« Was er nach seiner Karriere machen will, ließ er offen. »Ich werde erst einmal nichts tun. Aber ich bin Teil der Ferrari-Familie, und wir werden am Ende des Jahres sprechen.«
Für Ferrari und die Formel 1 bedeutet Schumachers Rückzug eine Zäsur. Die Formel 1 verliert ihren derzeit einzigen Weltstar, Ferrari die Leitfigur. »Ferrari hat es vor mir gegeben, Ferrari existiert auch nach mir. Mit den Fahrern werden die Erfolge fortgesetzt«, ist sich Schumacher sicher. Er hat in der Formel 1 Maßstäbe gesetzt und beinahe alle wichtigen Rekorde gesetzt. »Es wird schwer, seine Rekorde zu verbessern«, ist sich Weltmeister Fernando Alonso sicher, der als möglicher Nachfolger gilt.
»Michael ist nicht nur ein Teil der Geschichte Ferraris, sondern auch ein Teil der Geschichte des Rennsports«, würdigte Ferrari- und Fiat-Chef di Montezemolo. Er sei »mehr als ein Angestellter«.
Formel-1-Chef Bernie Ecclestone dagegen sieht den Verlust seines größten Zugpferdes gelassen: »Letztlich wird sich nicht viel ändern. Sein Fehlen wird kein Drama sein.«

Zur Person
Geburtsdatum: 3. Januar 1969; Geburtsort: Hürth-Hermühlheim; Wohnort: Vufflens-le-Château (Schweiz); Familienstand: verheiratet mit Corinna; Kinder: Gina Maria (9), Mick (7); Team: Ferrari (seit 1996); Rennen: 247; erster Grand Prix: 25. August 1991 in Spa/Belgien (Jordan-Ford), ausgeschieden; erster Grand-Prix-Sieg: 30. August 1992 in Spa (Benetton-Ford); WM-Titel: 7; Grand-Prix-Siege: 90; Podiumsplätze: 153 Punkte: 1354; Pole Positionen: 68

Artikel vom 11.09.2006