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Fluchtversuch
abgebrochen

Natascha rannte aus dem Gartentor

Wien (dpa). Die acht Jahre von ihrem Entführer festgehaltene Natascha Kampusch war vor ihrer Flucht am 23. August schon einmal entkommen, dann aber wieder zu ihrem Peiniger zurückgekehrt.
Natascha kehrte nach eigenen Worten vom Tor ins Haus zurück. Foto: dpa
»Einmal bin ich schon beim Gartentor hinausgerannt«, sagte die 18-Jährige der »Kronen Zeitung«. Aber dann sei ihr schwindlig geworden und sie sei so unauffällig wie möglich wieder zurückgegangen, »damit er nichts merkt«.
In ihrem Verlies habe sie oft darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn ihr Entführer Wolfgang Priklopil nicht mehr zurückkäme, sagte die 18-Jährige der Zeitung weiter: »Ein Unfall, ein Herzinfarkt. Dann komme ich nie wieder hier heraus.« Während ihrer Gefangenschaft hat Kampusch Tagebuch geschrieben und die Notizen vor dem Kidnapper abgeschirmt: »Er konnte nie Einblick nehmen.« Die heute 18-Jährige Frau berichtete weiter, dass sie viel gelesen habe: »Es war ja so irrsinnig fad in dem kahlen Raum«.
Das Schicksal von Kampusch zieht nach Angaben ihres Medienberaters Dietmar Ecker zahlreiche Geschäftemacher an. Es gebe »Heuschreckenschwärme« von Filmemachern bis hin zu Finanzberatern, die sich »den Geldbeutel voll machen« wollten, wurde Ecker von der britischen Sonntagszeitung »Sunday Times« zitiert.
Unterdessen tauchten im Internet mehrere gefälschte Spendenaufrufe auf, die vermeintlich im Namen von Kampusch an die Hilfsbereitschaft der Bürger appellieren. Das österreichische Bundeskriminalamt hat sich inzwischen eingeschaltet. Die junge Frau hatte zuvor mitteilen lassen, dass sie von den Geldern ihrer »Natascha Kampusch Foundation« »keinen einzigen Cent für sich beansprucht«. Geplant sei, mit den Einkünften Hilfsprojekte zu unterstützen für Entführungsopfer, Hungernde in Afrika und verschleppte Frauen in Mexiko.
Nach der Kritik am Medienrummel um Kampusch will ihre Betreuerin Monika Pinterits darüber berichten, wie die 18-Jährige selbst darauf reagiert. Die Wiener Jugendanwältin werde in der ARD-Talksendung »Beckmann« heute abend um 23 Uhr über die Verfassung des Entführungsopfers sprechen, teilte der Sender mit.

Artikel vom 11.09.2006