09.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Gerüche im Kopf schaffen

Große Premiere des Films »Das Parfum« nach Süskinds Weltbestseller

München (dpa). Schon lange vor seiner Fertigstellung hatte »Das Parfum« für Furore gesorgt. Jetzt war es endlich so weit: Der auch außerhalb Deutschlands mit Spannung erwartete Film nach dem gleichnamigen Weltbestseller von Patrick Süskind feierte in München mit rotem Teppich und Sektempfang seine große Premiere.
Regisseur Tom Tykwer (l.) und Produzent Bernd Eichinger freuen sich, dass der Film fertig ist.

Nach der Vorführung zollten die Zuschauer vor allem Hauptdarsteller Ben Whishaw großen Beifall, der mit großer Intensität den von Düften besessenen Parfumeur-Gesellen Jean-Baptiste Grenouille spielt, der wegen seiner Obsession schließlich zum Serienmörder wird. Bejubelt wurden auch Regisseur Tom Tykwer, der renommierte britische Schauspieler Alan Rickman, Neuentdeckung Rachel Hurd-Wood und die deutschen Darstellerinnen Karolin Herfurth und Jessica Schwarz.
»Es war ein schwieriger Film, aber auch sehr vergnüglich«, resümierte der Münchner Produzent Bernd Eichinger, der lachend mit Tykwer im Blitzlichtgewitter der Fotografen posierte. Für den Filmemacher ist mit der Premiere ein Kapitel zu Ende gegangen, dass er - wie bereits ausführlich berichtet nur dank seiner Ausdauer zum gewünschten Ende führen konnte. Bereits als »Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders« 1985 erschienen war, zeigte er Interesse an einer Verfilmung. Trotz seiner Freundschaft mit Süskind stieß er aber bei diesem auf Granit. Erst 15 Jahre später willigte der Autor ein und ließ sich die Filmrechte seines Werkes teuer bezahlen.
Wer darauf gehofft hatte, Patrick Süskind bei der Premiere zu entdecken, wurde enttäuscht. Die Schauspieler waren umso begeisterter von ihrem Projekt. »Ich habe wirklich außerordentliche Erfahrungen mit Euch gesammelt. Ich werde so stolz sein, Teil dieses Films zu sein«, verkündete Hollywood-Star und Oscar-Preisträger Dustin Hoffman (»Rain Man«) - wenn auch nur per Videobotschaft vom Filmfestival in Toronto. Im Film spielt Hofman mit viel Witz und Eindringlichkeit den Parfumeur Giuseppe Baldini, der seine besten Zeiten längst hinter sich hat. Erst als Grenouille mit seinem außergewöhnlichen Geruchssinn bei ihm in die Lehre geht und geniale Duftkompositionen kreiert, erblüht sein Geschäft wieder neu.
50 Millionen Euro hat der Film verschlungen, der sich damit bislang teuerster deutscher Kinofilm nennen darf. Für dieses Geld entführt »Das Parfum« den Zuschauer in das Frankreich Mitte des 18. Jahrhunderts und lässt ihn immer wieder in duftenden Lavendelfeldern und romantischen Landschlössern schwelgen. Doch für das Publikum war es sicher oft segensreich, die Gerüche nicht wirklich alle in der Nase zu haben. 2,5 Tonnen Fisch und eine Tonne Fleisch ließ Tykwer auf einem noblen Platz im Zentrum Barcelonas verteilen, um dort den stinkenden und verdreckten Pariser Fischmarkt des 18. Jahrhunderts entstehen zu lassen. »Was nach kurzer Zeit ziemlich gestunken hat«, erinnert sich der Regisseur. »Und dann musste das Ganze oft am selben Tag auch wieder weggeräumt werden.«
Ein Duftkino, bei dem die Zuschauer im Saal neben Bild und Ton auch Gerüche wahrnehmen können, hätte sich Tykwer für »Das Parfum« aber auf keinen Fall gewünscht. »Das wäre für mich die Kapitulation der Mittel des Kinos«, sagte er. »Gerüche muss man in der Vorstellung der Zuschauer schaffen können, das ist ein künstlerischer Vorgang.«

Artikel vom 09.09.2006