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Aufschwung kommt in Fahrt

Ostwestfälische Industrie wächst um 7,4 Prozent - Glos: Beiträge senken

Berlin (WB/dpa). Der Konjunkturaufschwung gewinnt nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) immer mehr an Fahrt. Vieles spreche dafür, dass die Wachstumsprognose der Bundesregierung von 1,6 Prozent deutlich übertroffen werde, sagte er am Freitag im Bundestag.

In Ostwestfalen legte das verarbeitende Gewerbe im ersten Halbjahr um 7,4 Prozent zu. Die 1418 statistisch erfassten Betriebe verbuchten einen Umsatz von 18,2 Milliarden Euro. Annähernd jeder dritte Euro wurde im Ausland erlöst. Die ostwestfälischen Gewerbebetriebe erzielten Exportumsätze von mehr als 5,7 Milliarden Euro - 7,8 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Dennoch setze sich der Beschäftigungsabbau in der ostwestfälischen Industrie fort. Die Zahl der Beschäftigten sank im Jahresvergleich um 1,1 Prozent auf jetzt noch etwa 167 000 Stellen.
In einigen Branchen zeichnet sich jedoch eine Trendwende ab. So stieg die Zahl der Beschäftigten im Bereich Büromaschinen/Elektrotechnik/Optik in Ostwestfalen um 5,2 Prozent, in der Gummi- und Kunststoffbranche um 3,2 Prozent und in der Metallerzeugung und -bearbeitung um 1,2 Prozent.
Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hat Deutschland auch in diesem Jahr gute Chancen auf den Titel des Exportweltmeisters. Ökonomen erwarten den Titel zum vierten Mal in Folge. In den ersten sieben Monaten ging es aufwärts: Von Januar bis Juli stiegen die Ausfuhren gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent auf 505 Milliarden Euro.
Die Importe stiegen binnen Jahresfrist aber noch stärker um knapp 20 Prozent auf 60 Milliarden Euro. Als Grund dafür gilt die Verteuerung vieler Importprodukte, vor allem von Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas.
SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler verteidigte am Freitag die von der Koalition beschlossene Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar. »Der Kessel der Konjunktur wird am Ende des Jahres so heiß sein, dass er die drei Eisbälle der Mehrwertsteuererhöhung verkraften wird.«
Der FDP-Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle sprach dagegen von einer »Mehrwertsteuer-Keule«, die Verbrauchern und Mittelstand das Rückgrat brechen könnte.
Glos forderte, die höheren Steuereinnahmen in die Sanierung des Staatshaushalts zu stecken. »Aufschwungphasen sollten als Konsolidierungsphasen genutzt werden.«
Die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit sollten zur Senkung des Arbeitslosenbeitrags von 6,5 auf 4,0 Prozent genutzt werden. Bislang sieht die Koalition nur einen Rückgang auf 4,5 Prozent vor. Das Plus gehöre den Beitragszahlern, sagte Glos im Bundestag.
Zugleich zeichnete sich ab, dass die Europäische Union das seit 2003 laufende Defizitverfahren wegen zu hoher Verschuldung einstellen wird. Damit bleibt Deutschland eine Strafzahlung erspart. »Ich sehe bei der aktuellen Geschäftslage keinen Grund, die Prozedur gegen Deutschland zu verschärfen oder weiter zu führen«, sagte der luxemburgische Premier- und Finanzminister in Helsinki bei einem zweitägigen Treffen mit seinen EU-Amtskollegen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 09.09.2006