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Atomstreit: Chance auf Lösung

Für Iran ist zweimonatige Aussetzung der Urananreicherung denkbar

Wien (dpa/Reuters). Der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation, Mohammed el Baradei, drängt nach einem als positiv bewerteten Treffen am Wochenende auf eine Verhandlungslösung im Atomkonflikt mit dem Iran.

Der iranische Atom-Chefunterhändler Ali Laridschani äußerte sich unterdessen zuversichtlich, dass beide Seiten einen Kompromiss erzielen könnten. Die Bundesregierung wollte sich gestern zur angeblichen Bereitschaft des Irans, die Urananreicherung vorübergehend auszusetzen, nicht äußern.
Nach den Sondierungsgesprächen in Wien sagte der Direktor der Wiener Atombehörde IAEO gestern: »Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass Verhandlungen der beste Weg zur Beendigung des Konflikts sind.« Allerdings sei der Zeitraum für eine diplomatische Lösung des seit Jahren schwelenden Konflikts »begrenzt«, betonte er zu Beginn einer mehrtägigen Sitzung des IAEO-Gouverneursrats. Nach Angaben europäischer Diplomaten hatte Teheran bei den Sondierungen mit dem EU-Chefdiplomaten Javier Solana eine zweimonatige Aussetzung der Urananreicherung angeboten.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wollte sich gestern zu diesen Berichten nicht äußern und verwies dazu auf ein Treffen der EU-Außenminister in Brüssel in dieser Woche. Nach seinen Angaben hat der EU-Außenbeauftragte Javier Solana Außenminister Frank-Walter Steinmeier über seine Gespräche am Wochenende mit Laridschani informiert.
Laridschani betonte gestern, der Iran habe unter dem Atomwaffensperrvertrag Rechte aber auch Verpflichtungen. Bei den Gesprächen habe es einige konstruktive Punkte gegeben »und die Übereinstimmung zwischen beiden Seiten ist größer geworden«, sagte Laridschani. Er sei optimistisch.
Trotz des signalisierten Einlenkens des Iran im Streit um sein Atomprogramm haben die USA an ihren Forderungen nach Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat festgehalten. Die Fortschritte in den Gesprächen zwischen der Islamischen Republik und der EU seien zwar ermutigend, sagte der US-Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Gregory Schulte. Dennoch müsse der Iran seine Uran-Anreicherungsaktivitäten einstellen.
Solange dies nicht geschehe, werde die Regierung in Washington weiterhin auf UN-Sanktionen dringen. Der Sicherheitsrat hatte in seiner Iran-Resolution vom 31. Juli Teheran ultimativ zur Aussetzung aller Anreicherungsaktivitäten aufgefordert. Die iranische Regierung hat dies jedoch abgelehnt.
Laridschani, der am Wochenende in Wien mit Solana sieben Stunden lang über die Bedingungen für neue Verhandlungen konferiert hatte, hält eine von der internationalen Gemeinschaft geforderte Aussetzung der Urananreicherung inzwischen jedoch für »denkbar«. In einem Interview mit der Wiener Tageszeitung »Kurier« sagte er: »Vernünftige Lösungen sind immer denkbar«.
Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschland haben bisher aber stets eine unbefristete Aussetzung der Urananreicherung gefordert. Sie befürchten, dass der Iran hochangereichertes Uran zum Bau von Atomwaffen verwenden könnte.
Laridschani und Solana werden sich vermutlich bereits in dieser Woche zu einer zweiten Gesprächsrunde treffen. Die Sondierungen sollten die Chancen für weitere Verhandlungen zwischen dem Iran und der Europäischen Union ausloten und damit baldige UN-Sanktionen gegen den Iran verhindern. Die Staats- und Regierungschefs der EU und 13 asiatischer Länder appellierten an die Führung in Teheran, beim Streit um sein umstrittenes Atomprogramm positiv auf die Kooperationsvorschläge der EU reagieren.
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Artikel vom 12.09.2006