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Sag beim Abschied leise »Servus«
»Musikantenstadl«-Erfinder Karl Moik geht auf seine letzte Tournee und kommt im November nach Halle
Als am 5. März 1981 in der Stadthalle Enns/Österreich das »Trompetenecho« zu Beginn des Musikantenstadls erklang, war nicht abzusehen, dass man es mit der Geburtsstunde eines einzigartigen TV-Erfolgs zu tun hatte, mit dem Karl Moik Fernsehgeschichte schreiben sollte. Denn lange bevor Sendungen wie »Sommer-Wetten, dassÉ?« erfunden wurden, ging der heute 68-Jährige mit seiner Samstagabend-Show auf Reisen. Allein 245 sowjetische Zuschauer verfolgten 1988, wie aus Moskau zum ersten Mal eine Unterhaltungssendung dieser Größenordnung als Ost-West-Kooperation ausgestrahlt wurde. Als die Mauer im November 1989 fiel, dauerte es gerade einmal vier Wochen und Moik war mit seinem Musikantenstadl live in Cottbus zu sehen.
Weitere Gastspiele in Toronto/Kanada, Melbourne/Australien und Kapstadt/Südafrika folgten, bis 1999 vierzehn Jumbo-Jets insgesamt 4000 »Stadl«-Fans aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Reich der Mitte brachten. Gemeinsam mit 600 Millionen Chinesen vor den Bildschirmen erlebten sie mit, wie Karl Moik in der »Verbotenen Stadt« Peking die Wiener Sängerknaben und Shaolin-Mönche ankündigte.
Keine Frage: Karl Moik hat alle Kontinente gesehen. An welchen Fleck der Erde will er nun als Mann mit viel oder doch zumindest mehr Freizeit zurückkehren? An keinen. »Ich habe 20 Jahre lang 250 Tage im Jahr in Hotelzimmern geschlafen. Das reicht. Es gibt keinen Ort, der so schön ist wie daheim«, sagt der Entertainer, der für das ORF-Radio allenfalls noch samstags vorm Mikrofon auf Reisen geht. Dort moderiert er das Reisemagazin »Rund um die Welt«.
Der Mittelpunkt selbiger liegt für Moik fortan in Oberalm bei Salzburg, wo er mit seiner Frau Edith lebt, mit der er sei mehr als 40 Jahren verheiratet ist. Ihre schmucke Villa ist gekrönt von Antennen und Satellitenschüsseln jeglicher Art und Größe, mit denen sich der Hobby-Elektroniker Moik mehr als 2000 (!) Fernsehprogramme ins Wohnzimmer holt. Man kann eben auch von Kontinent zu Kontinent zappen.
Das technische Großaufgebot in Haus und Garten erinnert an Karl Moiks berufliche Anfänge. Gelernt hat er Werkzeugmacher, arbeitete aber später als Vertreter für Öfen, Kopiergeräte und Antennen. Dass er darüber hinaus eine »Antenne« für Musik hat, wurde schnell klar. Moik war in den 60er Jahren Chef des swingenden Jazz-Trios »Jolly Austrians« und versuchte sich dazu auch als Interpret volkstümlicher Lieder.
Seine zweite Leidenschaft galt dem Fußball. Hier machte er allerdings weniger als guter Kicker, sondern vielmehr als gewitzter Stadionsprecher auf sich aufmerksam. Moiks Glück war es, dass sich ein Radioredakteur unter den Fans seines Lieblingsclubs Hallein befand. Und so kam es, dass Karl Moik 1973 das erste Mal die »Volkstümliche Hitparade« moderierte - im Radio.
An seinen ersten Live-Auftritt im Fernsehen erinnert sich Moik gut. »Was heute undenkbar ist: Ich hatte eine Stunde lang ein Gespräch mit meinem Unterhaltungschef geführt. Dann hat er mich ins kalte Wasser geworfen«, erzählt er. »Meine Chance, Fehler zu machen, hatte ich vorher gehabt, als ich über Volksfeste und Parteiveranstaltungen tingelte.« Erfahrungen, die er nicht missen möchte - und den Shootingstars von heute wünschen würde. »Die Suche echter Talente wird heute zu stark vernachlässigt«, meint Moik.
Er selbst hat manchen Stern zum Glänzen gebracht. André Rieu hat seine Karriere ebenso wie Florian Silbereisen oder Hansi Hinterseer nicht zuletzt der guten Nase eines Karl Moik zu verdanken. Stefan MrossÕ Stunde der Entdeckung schlug auf der Hochzeitsfeier von Moiks Schwager. »Irgendwann packte der BubÕ seine Trompete aus. Nicht was er spielte, sondern wie er es tat, hat mich beeindruckt«, schwärmt Moik. Wie oft er den jungen Mann später im »Stadl« begrüßte, hat er nicht gezählt.
Viele Stars sind ihm in Dankbarkeit verbunden. Mit dem Wort »Freundschaft« hingegen ist Karl Moik sehr zurückhaltend. »Ganz oben wird die Luft dünn«, meint der Profi vielsagend. Und dann: »Ich bin froh, dass der brutale Druck weg ist.« Seine zahlreichen Auszeichnungen, die er einheimste, sieht Moik fast schon als reine Staubfänger. Kein wehmütiger Blick zurück also an schöne »Stadl«-Zeiten? »Nein. Es gab viele schöne Dinge, aber mein Blick richtet sich jetzt ganz nach vorn.«
Auch kein Unmut über die plötzliche Ankündigung seiner Arbeitgeber im Juni 2005, ihn als »Stadl«-Chef ablösen zu wollen? »Nein, nur manchmal ärgere ich mich darüber, dass es nur die zweite und dritte Garde waren, die mir mitteilten, dass meine auslaufenden Verträge nicht verlängert werden sollten«, sagt der Mann, der sonst ein offenes Wort nicht scheut. »Ich wollte nach 25 Jahren ohnehin Schluss machen. Die Zeit wird immer schneller. Je eher man das selbst einsieht desto besser.« Dass er die für März dieses Jahres vorgesehene Jubiläumssendung nicht mehr machte, ist dann aber wohl doch seinem Stolz zuzuschreiben.
So war der »Silvester-Stadl« 2005 der letzte Auftritt Moiks im Musikantenstadl. Und zudem einer mit unangenehmen Folgen: Nach der Sendung kam es zu Durchblutungsstörungen im Gehirn - Moik musste ins Krankenhaus. »Es waren zuvor anstrengende Wochen gewesen. Außerdem hatte ich mir eine Bronchitis eingefangen. Ich dachte, ich wäre noch 50 und war doch schon 68«, räumt Moik ein. Bereits Anfang 2004 hatte er eine heftige Herzattacke gehabt.
Dass er sich von seinem Publikum trotzdem persönlich verabschiedet, lässt er sich nicht nehmen - »ich bin halt ein konservativer Typ.« Eine anstrengende Tournee unter dem Titel »Servus Karl« mit 26 Auftritten bis Weihnachten steht bevor. »Entweder man überlebtÕs oder man kommt durch«, bleibt sein Optimismus unerschütterlich.
Dann also wird sich Karl Moik noch einmal vom Publikum feiern lassen. Ungern übrigens als »König der Volksmusik«, auch wenn ihn viele so nennen. »Wenn, dann bin ich eher ein Leitbild der guten Unterhaltung. Da habe ich mich stets aller verfügbaren Mittel bedient - von Volksmusik über Schlager, Country und Jazz bis Operette«, sagt er und hat dann doch noch einen Fernsehtraum: »Wenn ich noch einmal eine Sendung machen sollte, dann eine Swing-Sendung.«
Margit Brand

Artikel vom 23.09.2006