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Drohung gegen deutsche Minderheit

Die polnischen Nationalisten wollen Wahlklausel aufheben


Warschau (dpa). Die in der Regierung vertretene nationalistische Liga Polnischer Familien (LPR) will das Recht der deutschen Minderheit auf eine eigene parlamentarische Vertretung im polnischen Parlament aufheben. Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski signalisierte am Freitag Rückendeckung für den Vorstoß seiner Koalitionspartner. Polen werde keine »asymmetrischen Verträge anerkennen, sagte der nationalkonservative Kaczynski. »Wenn jemand in Polen bestimmte Rechte haben will, muss er den Polen genau die gleichen Rechte geben«, betonte er.
Der polnische Erziehungsminister und LPR-Vorsitzende Roman Giertych bestätigte am Freitag, seine Partei wolle die Aufhebung der Fünf-Prozent-Klausel für die Abgeordneten der deutschen Minderheit rückgängig machen.
Sein Parteikollege Janusz Dobrosz begründete dies (fälschlich) mit dem Prinzip der Gegenseitigkeit - in Deutschland werde keiner Minderheit ein Bundestagsmandat zugestanden, wenn sie nicht über die Fünf-Prozent-Hürde komme. Die Zahl der ethnischen Deutschen in Polen wird auf etwa 300 000 Menschen geschätzt. Sie sind damit die größte nationale Minderheit Polens. Seit 1993 haben sie das Recht auf eine eigene parlamentarische Vertretung ohne Rücksicht auf die geltende Fünf-Prozent-Hürde.
Das deutsche Bundeswahlgesetz räumt Vertretern nationaler Minderheiten diese Möglichkeit ebenfalls ein. Die dänische Minderheit in Südschleswig machte davon zuletzt 1961 Gebrauch.
Nach Auffassung vieler konservativer Polen gehören auch die um 1880 etwa in das Ruhrgebiet eingewanderten Polen, die längst deutsche Staatsbürger sind, zur »Polonia«, der polnischen Minderheit im Ausland.

Artikel vom 09.09.2006