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Der Schotte von nebenan

Browns Wechsel von Downing Street 11 nach Nr. 10

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Schon 1994 soll Tony Blair seinem Schatzkanzler Gordon Brown die Nachfolge in Aussicht gestellt haben. Das war in Oppositionszeiten. Heute gehen sich die Nachbarn in Downing Street Nr 10 und 11 eher aus dem Weg
Premier Tony Blair und Vize Gordon Brown hoffen, dass der nahtlose Übergang gelingt.

James Gordon Brown, Sohn eines Pastors der calvinistischen Schottischen Kirche, wurde am 20. Februar 1951 geboren. Schon mit 16 Jahren ging der hochbegabte Junge, der beim Rugby ein Augenlicht verlor, an die Universität von Edingburgh. Von da führte sein Weg in die Politik und als Labour-Parteichef John Smith im Mai 1994 überraschend starb, galt Brown neben Blair bereits als möglicher Nachfolger.
Der etwas spröde Historiker Brown überließ Blair auch wegen dessen medialen Siegercharmes den Vortritt. Dafür gestand Blair dem »Eisernen Kanzler« Brown weitgehende Vollmachten zur Neustrukturierung von New Labour zu. Als der konservative Premierminister John Major 1997 bei vorgezogenen Unterhauswahlen mit 30,7ĂŠProzent der Stimmen unterging, war Brown Blairs wichtigster Helfer beim Regierungswechsel.
Trotz vieler Jahre im Amt ist nicht ganz klar, welchen Kurs der Schotte fahren wird. In der Außenpolitik wird ein härterer Ton gegenüber den USA erwartet. Auch steht Brown weiter links. Die Zeitung »Independent« nannte sein Programm dieser Tage die »größte Unbekannte in der britischen Politik«. In jüngster Zeit war von Brown kaum etwas zu hören - weil er mit 55 gerade zum dritten Mal Vater wurde. Der Finanzminister, seit August 2000 mit einer PR-Beraterin verheiratet, gönnte sich über den Sommer eine kleine »Babypause«.
Im übrigen ist es längst nicht ausgemacht, dass der Nachfolger auf jeden Fall Brown heißen wird. Chancen werden auch Innenminister John Reid (59) und Bildungsminister Alan Johnson (56) eingeräumt. Nach Informationen der BBC gibt es im Blair-Lager eine wachsende Fraktion, die Browns Aufstieg unbedingt verhindern will. Angeblich gehört dazu auch die »First Lady« Cherie Blair.

Artikel vom 09.09.2006