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Reifengebirge
für den Richter
eine »Sauerei«

Anklage wegen illegaler Lagerung

Von Uwe Koch
und Markus Poch (Foto)
Brackwede (WB). Das Reifenlager am Brackweder Presswerk ist illegal, brandschutztechnisch »höchst bedenklich« und für Amtsrichter Eckhard Krämer »eine Sauerei«: Seit Donnerstag sitzt der Betreiber deshalb als Angeklagter vor dem Bielefelder Amtsgericht. Kernfrage des Prozesses: Wie sind die dort gelagerten 15 000 Reifen zu entsorgen?

Der in Minden lebende Betreiber Volker B. (45) ist für die Justiz kein Unbekannter, sein Strafregister reicht bis ins Jahr 1976 zurück und enthält Delikte quer durch das Strafgesetzbuch. Nach einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung war ihm 1998 das Betreiben eines Gewerbes untersagt worden.
Der Mann steht unter laufender Bewährung, er darf kein Gewerbe führen, hat bereits die Eidesstattliche Versicherung abgelegt. Trotzdem stellten die Behörden in Bielefeld und die des Kreises Minden-Lübbecke unzweifelhaft fest: In Brackwede unterhält B. mindestens seit Mai 2005 ein illegales Reifenlager, seit Oktober 2005 ein Reifenlager mit sogar 50 000 Altreifen in Minden, seit Januar 2006 ein Lager mit 10 000 Altreifen in Petershagen. Knapper Kommentar des Angeklagten gestern: »Es ist richtig, was angeklagt ist.« B. bestätigte damit, er habe Altreifen angekauft, sie allerdings nicht der endgültigen Entsorgung (so in einem Zementwerk) zugeführt.
Krämer wertete die »Reifengebirge« als »Sauerei«, denn auch nach Meinung der Bielefelder Feuerwehr ist ein Reifenlager in einem Wohngebiet unter Gesichtspunkten des Brandschutzes höchst bedenklich. Im Bielefelder Rathaus jedoch ist noch niemand amtlich eingeschritten. Der Amtsrichter indes warb bei allen Prozessparteien gestern trotz massiver Vorstrafen für eine gütliche Lösung: Sein Vorschlag sah eine schrittweise Entsorgung der Reifen in Brackwede, Minden und Petershagen als förmliche Bewährungsauflage vor. Allein Staatsanwältin Sandra Veit hielt nur eine zu verbüßende Haftstrafe als Konsequenz für denkbar. Veit: »Das ist unter den Umständen die schlechteste Lösung, aber unvermeidbar.« Der Prozess soll nun neu terminiert werden, Volker B. die Zeit zur ersten Entsorgung nutzen. Zum neuen Termin sollen weitere Zeugen zur Aufklärung des illegalen Reifenlagers geladen werden.

Artikel vom 08.09.2006