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Stuttgarts prächtige Premiere

Dietzsch und Heidler siegen - Gay läuft 200 Meter in 19,68 Sekunden

Stuttgart (dpa). 13 Jahre nach der fantastischen Weltmeisterschaft haben die Leichtathleten eine prächtige Premiere des World Athletics Final in Stuttgart gefeiert.

Diskus-Weltmeisterin Franka Dietzsch und Hammerwerferin Betty Heidler ragten mit ihren Siegen aus dem Feld der 21 deutschen Teilnehmer heraus. Sprintstar Asafa Powell kassierte bei der mit 3 Millionen US-Dollar dotierten Veranstaltung zwar ebenfalls die Siegprämie von 30 000 Dollar, nicht aber 100 000 für einen erneuten Weltrekord über 100 Meter. »Ich bin müde, so müde«, stöhnte der Jamaikaner eine Woche vor dem Saisonfinale beim Weltcup in Athen.
Insgesamt 56 000 Zuschauer kamen ins Daimlerstadion und sorgten für ein stimmungsvolles Weltfinale, das zuvor in Monaco wenig Resonanz gefunden hatte und für drei Jahre an Stuttgart vergeben worden war. Heidler war die erste groß gefeierte Siegerin am Samstag: Die Frankfurterin setzte sich in Abwesenheit der Weltrekordlerin Tatjana Lysenko aus Russland mit 75,44 Metern durch. »Das ist das höchste Preisgeld, das ich je erhalten habe. Ich habe einen rausgehauen, die Weite spricht für sich«, sagte die stolze 22-Jährige.
Dietzsch zog gestern nach: Mit einem einzigen gültigen Versuch und 64,73 Metern siegte sie in einem allerdings schwachen Wettbewerb. »Ich kann mit dem heutigen Ergebnis zufrieden sein. Die Saison dauert schließlich schon fast vier Monate«, meinte die Neubrandenburgerin.
Über 100 Meter war der Knalleffekt hingegen ausgeblieben: Powell blieb auf der neuen grünen Bahn in 9,89 Sekunden deutlich über seinem Weltrekord von 9,77 Sekunden und spürte ungewohnt deutlich den Atem seiner Verfolger: Die US-Amerikaner Leonard Scott (9,91) und Tyson Gay (9,92) brachten den 23-Jährigen in Bedrängnis. »Ich freue mich darauf, an einem Flugzeug die Jamaika-Flagge zu sehen und nach Hause zu fliegen, um mich auszuruhen«, sagte Powell nach seinem 13. Rennen in dieser Saison unter 10 Sekunden. Über die 200 Meter war Gay als Sieger in 19,68 Sekunden so schnell wie kein Sprinter zuvor auf deutschem Boden.
Die deutschen Asse konnten sich ansonsten zu keiner Leistungssteigerung mehr aufraffen: Stabhochspringer Tim Lobinger (Köln) belegte wie bei der EM Platz zwei mit 5,82 Meter und musste sich dem höhengleichen Australier Paul Burgess geschlagen geben. Europameisterin Steffi Nerius aus Leverkusen wollte unbedingt mit dem Speer noch einmal einen großen Wurf landen, kam aber mit 65,06 Metern nicht an den tschechischen Rekord der Siegerin Barbora Spotakova (66,21) heran - 20 000 Dollar für sie. Europarekordlerin Christina Obergföll musste sich gar mit 60,63 m und Rang fünf begnügen.
Der Neubrandenburger Kugelstoßer Ralf Bartels, in Göteborg noch Goldmedaillengewinner, enttäuschte als Siebter. Unglücklich endete das Weltfinale auch für die Mannheimerin Kirsten Bolm: Die Vize-Europameisterin strauchelte an der drittletzten Hürde und stolperte hinter dem Feld ins Ziel.
Einen Klasse-Auftritt legte hingegen Liu Xiang über 110 Meter Hürden hin: Er blieb in siegreichen 12,93 Sekunden nur knapp über seinem im Juli in Lausanne aufgestellten Weltrekord (12,88) und wurde von Hunderten von Chinesen stürmisch gefeiert. Jeremy Wariner, der erfolgsverwöhnte 400-Meter-Olympiasieger aus den USA, musste sich harter Konkurrenz erwehren: In 44,02 Sekunden siegte er knapp vor Gary Kikaja (Kongo), der in 44,10 Afrika-Rekord rannte.

Artikel vom 11.09.2006