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Dopingrazzia:
Polizei nimmt
Ehepaar fest

Sportstudios und Häuser durchsucht

Von Christian Althoff
Borgholzhausen (WB). Dopingrazzia: Polizisten haben gestern in Borgholzhausen (Kreis Gütersloh) den Griechen Johannes E. (38) festgenommen. Der Bodybuilder-Weltmeister im Schwergewicht von 1997 soll als Kopf einer Bande seit Jahren den illegalen Handel mit Anabolika organisiert haben. Auch seine Frau Sybille sitzt seit gestern in Untersuchungshaft.
In diesem Haus ist das Ehepaar festgenommen worden. Foto: Kreft
Johannes E. trainierte lange in Halle (Kreis Gütersloh).

Es war 6 Uhr, als 160 Polizisten und Zollfahnder zuschlugen. In Bielefeld, Borgholzhausen, Gütersloh, Steinhagen, Warendorf, Rheine, Osnabrück, Hannover und Berlin durchsuchten sie 27 Wohnungen und zwei Sportstudios.
Die Abteilung »Organisierte Kriminalität« der Staatsanwaltschaft Berlin sowie die Sonderkommission »Anabolika« des dortigen Landeskriminalamtes hatte seit Ende 2005 gegen Johannes E., seine Frau und zahlreiche weitere Verdächtige ermittelt. Staatsanwalt Michael Grunwald: »Wir werfen dem Mann aus Borgholzhausen unter anderem vor, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben.« Diese Gruppe soll seit mindestens 2004 ein Vertriebsnetz für Anbolika und Wachstumshormone aufgebaut und diese Mittel innerhalb der Bodybuilderszene verkauft haben - in Deutschland, aber auch international. Neben dem Ehepaar aus Borgholzhausen (Sybille E. war 2005 Deutsche Bodybuildermeisterin) gingen noch zwei Männer aus Niedersachsen und Berlin in U-Haft.
»Die Verdächtigen habe ganz erhebliche Gewinne mit den Dopingmitteln erzielt«, sagte Staatsanwalt Grundwald. Dieses Geld sei ins Ausland geschafft worden, um es den deutschen Behörden zu entziehen. Im Ausland seinen auch die Dopingmittel eingekauft worden. Insider berichten, dass Anabolika in Griechenland nur ein Fünftel dessen kosten, was Kraftsportler in Deutschland dafür bezahlen.
Der Sportmediziner Dr. Elmar Wienecke vom Institut »Saluto« in Halle (Kreis Gütersloh) warnte gestern eindringlich vor der Einnahme von Anabolika wie Testosteron: »Neuere Untersuchungen zeigen ein erhöhtes Risiko, an Lebertumoren zu erkranken, Bluthochdruck zu bekommen und unter Depressionen zu leiden.« Hodenschrumpfung und Rheuma seien weitere Nebenwirkungen. Dass Kraftsportler die Mittel dennoch schluckten oder spritzten, liege daran, dass sie unbedingt in die Spitzengruppe wollten. »Man kann trainieren, soviel man will: Irgendwann wächst der Muskel nicht mehr. Wenn man an diesem Punkt zu Anabolika greift, wird der Stoffwechsel begünstigt und man kitzelt auch noch die letzten fünf bis zehn Prozent Muskelwachstum heraus«, erklärte Wienecke. Er verwies darauf, dass einer Studie eines Kollegen zufolge von den 3,5 Millionen Fitnessstudio-Besuchern 350 000 Anabolika nehmen sollen. »Das wäre jeder zehnte!«

Artikel vom 07.09.2006