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Airbag war nicht defekt, trotzdem ausgetauscht

Bielefelder gewinnt Klage gegen Werkstatt und bekommt Geld zurück

Bielefeld (uko). Ein Laie muss von einer Automobilwerkstatt klar und detailliert über das Ausmaß einer Reparatur aufgeklärt werden. Mit diesem Hinweis hat das Landgericht Bielefeld der Klage eines Autofahrers stattgegeben, in dessen Wagen unötigerweise der Fahrer-Airbag ausgetauscht worden war. Die Werkstatt muss jetzt 700 Euro erstatten.

Die Ehefrau des Autobesitzers war mit dem fast neuwertigen Wagen im Oktober 2004 auf der Otto-Brenner-Straße unterwegs, als die Warnleuchte des Fahrer-Airbags eine Fehlfunktion signalisierte. Die 62-jährige Dame fuhr umgehend in die Vertragswerkstatt an der Detmolder Straße und bat um Aufklärung.
Nach Auslesung des Fehlerspeichers (Kosten dafür: 20,18 Euro) lautete die Analyse, der Airbag sei defekt. Der Preis inclusive Montage eines neuen Airbags betrage 615 Euro. Wagenbesitzer Heinrich S. (Name geändert) ließ die Reparatur tatsächlich vornehmen, jedoch in einer anderen Autowerkstatt.
Das Problem war damit indes nicht behoben. Wenige Tage später leuchtete das Warnsignal des Fahrer-Airbags weiter munter vor sich hin. Eine Prüfung des Fehlerspeichers der elektronischen Anlage sorgte für den gleichen Befund: »Fehler ausgelesen, Airbag defekt - Preis inclusive Montage eines neuen Airbag 615 Euro«.
Wieder wandte sich der Bielefelder an die Werkstatt seines Vertrauens, denn er reklamierte dort den neuen, angeblich defekten Airbag. Dieser Betrieb wollte sich von der Verantwortung entlasten, beauftragte seinerseits die Vertragswerkstatt mit einer »genauen Prüfung« des Problems. Tatsächlich fanden die Monteure in der Fachwerkstatt den eigentlichen Fehlerteufel: Nicht der Airbag, sondern eine Kabelrolle des Systems war defekt. Heinrich S. beauftragte nun die Reparatur jener Kabelrolle, verklagte jedoch die Vertragswerkstatt auf Erstattung der Kosten für den Airbag in Höhe von insgesamt 700 Euro.
Während das Amtsgericht Bielefeld diese Klage abwies - eine umfangreiche Fehlerauslesung sei immerhin nicht in Auftrag gegeben worden - änderte das Landgericht in zweiter Instanz jenes Urteil ab. Die 21. Zivilkammer erkannte eine »Verletzung der Beratungspflicht« bei der beklagten Firma. Kammervorsitzender Hans-Dieter Dodt: »Man hat es hier mit einem Laien zu tun.« Der Autobesitzer habe »nicht wissen können, dass die Funktion der Warnleuchte auch einen anderen Grund habe. Die Ehefrau sei zudem in der Fachwerkstatt belehrt worden, sie könne wohl mit dem Wagen fahren. Nur werde im Fall eines Unfalls der Airbag nicht auslösen.
Die Zivilkammer gab danach der Klage des Autobesitzers statt. Der Mann habe als Laie die Werkstatt nur so verstehen können, dass der Airbag habe ausgetauscht werden müssen. Az. 21 S 165/06

Artikel vom 08.09.2006