07.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Japan jubelt über die erste
Prinzengeburt seit 40 Jahren

Prinzessin Kiko zum dritten Mal Mutter - Thronfolge-Diskussion verstummt

Von Chisa Fujioka
und Elaine Lies
Tokio (Reuters) Die Fernsehsender unterbrachen ihre Programme, die Zeitungen warfen Extra-Ausgaben auf den Markt, und die Menschen stießen mitten am Vormittag mit Reiswein an: Dem japanischen Kaiserhaus wurde gestern ein männlicher Nachkomme geboren - zum ersten Mal wieder nach 40 Jahren.
Hurra, ein Prinz ist geboren: Auf den Straßen in Japan herrschte Jubelstimmung. Foto: dpa

Der kaiserliche Hof teilte das freudige Ereignis in gewohnt nüchterner und knapper Weise mit: Prinzessin Kiko habe um 8.27 Uhr einen Jungen zur Welt gebracht. Mutter und Kind seien wohlauf, das Neugeborene 2558 Gramm schwer.
Ganz Japan hatte auf diesen Moment gewartet. Seit Tagen war klar, dass die 39-jährige Ehefrau des jüngeren der beiden kaiserlichen Söhne, Akishino, ihr drittes Kind per Kaiserschnitt zur Welt bringen würde. Die Boulevardblätter hatten das wichtigste Detail schon lange ausgeplaudert: Es wird ein Junge.
Der noch namenlose Neugeborene ist die Nummer drei in der Rangliste der Thronfolger, aber er ist der erste Junge in der nächsten Generation des Kaiserhauses. Nach der 40-jährigen Pause und der Geburt von drei Mädchen in den Familien der beiden Prinzen hatten viele Japaner schon aufgehört zu glauben, dass es in dieser Generation überhaupt noch einen Jungen geben wird. Nun aber dürfte die Diskussion über die Emanzipation der Frau auch bei der Thronfolge verstummen.
Kaum war die Nachricht bekannt, versammelten sich treue Fans des Kaiserhauses vor dem Hotel im nordjapanischen Sapporo, in dem Kaiser Akihito und Kaiserin Michiko die Nacht verbracht hatten. Als die Großeltern das Gebäude strahlend verließen, jubelten die Menschen ihnen mit japanischen Flaggen zu und riefen ein ums andere Mal: »Herzlichen Glückwunsch«.
»Es ist gut, dass ein Junge geboren wurde«, sagte Tadayuki Aman. »Nun kann die kaiserliche Familie ihre männliche Thronfolge fortsetzen. Ich freue mich, dass Japans Tradition erhalten bleibt.« Der 77-jährige Arzt sprach damit ganz sicher das vorherrschende Gefühl seiner Generation aus. Die Jüngeren im Land unterstützen dagegen die Diskussion darüber, auch Mädchen den Zugang zum kaiserlichen Thron zu eröffnen: »Andere Länder haben Monarchinnen. Auch Japan sollte mit der Zeit gehen und sich verändern«, sagt der 25-jährige Masashi Yamaguchi.
Einen ganz besonderen Glückwunsch gab es vom Thronfolger Nummer 1, Kronprinz Naruhito, und dessen Frau Masako. »Wir gratulieren zur glücklichen Geburt. Bitte achte auf Deine eigene Gesundheit so sehr wie auf die des kleinen Prinzen«, hieß es in der Botschaft. Der 46-jährige Kronprinz und seine 42-jährige Frau haben ein vierjähriges Töchterchen und stehen seit ihrer Hochzeit unter enormem Druck, einen Jungen zu bekommen.
Viele Japaner glauben, dass Masako sehr unter dieser Erwartung leidet. In ungewöhnlicher Offenheit hat das Kaiserhaus vor einigen Monaten mitgeteilt, die ehemalige Karriere-Diplomatin sei an seelischen Verstimmungen erkrankt. Ihre Anhänger hoffen nun, dass dieser Druck nachlässt.

Artikel vom 07.09.2006