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Handwerkskunst zieht
von OWL nach Sachsen

Raumausstatter Schönlau sucht vergebens Nachfolger

Von Bernhard Hertlein
Horn (WB). »Es gibt nicht viele, die das Raumausstatter-Handwerk so gut beherrschen wie Schönlau«, sagt Heinrich Tick, der Gründer des gleichnamigen Avantgarde-Möbelhauses in Bielefeld. »Doch diese Handwerkskunst geht Ostwestfalen-Lippe jetzt verloren.«

Seit mindestens zehn Jahren suchen Gerhard Schönlau (79) und seine Frau Waltraud (66) jetzt schon einen versierten Handwerker, der das Raumausstattergeschäft und die nahe gelegene Polsterei übernimmt. Ihre drei Kinder kommen für die Übernahme nicht in Frage - weil sie anderswo Top-Jobs nachgehen oder aus Krankheitsgründen.
Der 1921 in Leopoldstal gegründete und in den dreißiger Jahren in die lippische Stadt Horn-Bad Meinberg umgesiedelte Betrieb hat in seiner 85-jährigen Geschichte mit zahlreichen prominenten Architekten zusammengearbeitet. Unter ihnen ist Josef Kleihues, der unter anderem die Pläne für das Chicagoer Museum für Zeitgenössische Kunst und das Krippenmuseum in Telgte entworfen hat.
Auch viele westfälische Schlossherren vertrauten auf Schönlau. Das Gleiche gilt für führende Innenarchitekten und Hersteller exklusiver Möbel. Unter anderem produzierte die Bergmann-Gruppe in Kachtenhausen nach Modellen aus Horn. Zuletzt kooperierte Schönlau mit den Deutschen Werkstätten Hellerau bei der Einrichtung der 120 Meter langen Privatyacht des Microsoft-Mitgründers Paul Alan. Tick: »Es gibt nicht viele kleine Raumausstatter, die einen solchen Auftrag bewältigen können.«
Obwohl Gerhard Schönlau nach Aussage seiner Frau »am liebsten arbeiten würde bis zum Umfallen«, begann das Paar schon vor Jahren, einen Nachfolger zu suchen: »Das wünscht sich jeder erfolgreiche Unternehmer für seinen Betrieb.«ÊDie Handwerkskammer »gab freundliche Worte, aber keinen einzigen Vorschlag«.
Eher zufällig wurde die sächsische Firma Kallenbach auf die Lipper aufmerksam. Der Eigentümer, selbst Raumausstatter, war sofort fasziniert. Der Prozess des Übergangs sollte von der Universität Leipzig begleitet werden. Das Ergebnis war allerdings nicht ganz nach dem Geschmack Schönlaus. Der Rat der Wissenschaftler: Der Betrieb solle komplett nach Leipzig umziehen, weil dort die Rahmenbedingungen wie Lohnkosten besser seien. Aus der Sicht von Tick eine Katastrophe: »Damit lässt die Region eine Vorzeigefirma einfach wegziehen.«
Noch ist es nicht soweit. Zwar erwarb Kallenbach die Rechte an einem von Schönlau entwickelten Sofa. Mitarbeiter von ihm werden jetzt in Horn geschult. Gebaut werden soll die »Edition Schönlau« in einer umgebauten ehemaligen Schnapsfabrik
Noch gibt Waltraud Schönlau die Hoffnung nicht auf, dass das Handwerk auch in OWL weitergeführt wird. Gesucht wird ein kreativer Unternehmer, der einerseits ein Gefühl für Design hat und die Arbeit schätzt sowie andererseits neue Kunden anspricht. Denn das habe ihr Mann, »der lieber Stunden in der Werkstatt arbeitet«, zuletzt etwas vernachlässigt.

Artikel vom 06.09.2006