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Menschen in
unserer Stadt
Annelies Steinecke
Rentnerin

Annelies Steinecke bezeichnet sich selbst als »große Romantikerin« und erinnert sich gern an die gute alte Zeit. Vor allem ihr Heimatort Altenburg in Ost-Thüringen liegt der 86-Jährigen, die heute in Brackwede wohnt, am Herzen. Dort ist sie groß geworden, geprägt von der Weltwirtschaftskrise und den Anfangsjahren des Nationalsozialismus.
»Rückblickend ging es uns verhältnismäßig gut«, sagt Steinecke. Der Vater arbeitete bei einer Privatbank und blieb von Arbeitslosigkeit verschont. »Ich durfte zur Schule gehen und die mittlere Reife machen.« Nur der Traum vom Medizin-Studium erfüllte sich nicht. Stattdessen absolvierte Steinecke eine Lehre beim Rechtsanwalt und lernte wenig später ihren Ehemann Paul, einen jungen Offizier, kennen. 1942 läuteten die Hochzeitsglocken, doch die ersten Jahre sah sich das Paar kaum, da Paul an der Front kämpfen musste.
Mit dem Kriegsende folgte der Abschied von Altenburg. Es ging zu Verwandten auf einen Gutshof nach Schleswig-Holstein. Ihren Paul sah sie weiterhin nur selten, denn der hatte über einen Kriegskameraden Arbeit in Bielefeld vermittelt bekommen. »Da habe ich ihn mal für eine Woche in seiner Dachkammer besucht.« Die erste gemeinsame Wohnung konnte jedoch erst nach der Geburt von Sohn Albrecht Anfang der 50er Jahre in Sennestadt bezogen werden. Eine glückliche Zeit begann, in der das Paar viel durch Europas Norden reiste: Schweden, Norwegen und vor allem Irland waren beliebte Stationen. Den Kontakt in die alte Heimat ließ Steinecke jedoch nie abreißen. »Trotz mancher Grenzschikanen sind wir jedes Jahr nach Altenburg in die damalige DDR gefahren. Meine Eltern lebten dort und sollten zumindest ab und an ihren Enkel sehen.«
Seit dem Tod ihres Mannes 1992 lebt Annelies Steinecke allein, sprüht aber noch immer vor Lebensfreude. »Zwar macht mein Körper nicht mehr alles mit, aber davon lasse ich mich nicht unterkriegen.« Gern liest sie ein gutes Buch oder hält ein Schwätzchen mit den Nachbarn. Reisen würde sie gern öfter - an die Ostsee oder nach Altenburg, wo sie sich seit Jahren im Heimatverein engagiert. »Es ist schön zu sehen, wie dort nach der Wende alles wieder hergerichtet wurde. Vielleicht fahre ich bald mal wieder mit dem Taxi hin.« Peter Monke

Artikel vom 07.09.2006