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Von Puppe und Persönlichkeit

Großformatige Porträts des amerikanischen Künstler Alex Katz in Neuss

Von Gerd Korinthenberg
Neuss (dpa). Landschaften, Stadtansichten und immer wieder Porträts sind die Lieblingsmotive des amerikanischen Malers Alex Katz. Dennoch ist der 79-jährige Künstler, letzter lebender Vertreter einer Malergeneration, die die US-Nachkriegskunst zum Weltruhm führte, alles andere als konservativ.

Aus privaten und Museumssammlungen in Westeuropa stammen die 32 großformatigen Gemälde, die bis zum 28. Januar 2007 in der Langen Foundation vor den Toren der rheinischen Stadt Neuss als einziger deutscher Station zu sehen sind.
Die Werke aus mehr als 40 Jahren seines Schaffens zeigen den in New York und Maine lebenden Sohn russisch-jüdischer Einwanderer als einen Künstler des »Dazwischen«. Seine oft schablonenhaften Menschenbilder liegen zwischen Pop-Art und Realismus, die Bildkomposition ist eindeutig von Film, Fotografie und selbst japanischer Holzschnittkunst inspiriert. Die Motive selbst wurzeln tief in Europas Kunsttradition.
Gerade diese recht unbekümmerte, geschickte Mischung machen Katz zu einem »typisch amerikanischen« Künstler, der seine nur auf den ersten Blick plakativ wirkenden Bilder auch nicht seziert sehen möchte: »Wir reden immer über Bedeutung und Inhalt, das ist uninteressant«, meinte der prominente Maler, der eigens zur Eröffnung seiner großen Bilder-Schau anreiste.
Dem jungen Mann im Smoking, der in »Wedding 2« (1999) den Arm um seine Braut legt, steht eine ganze Geschichte ins Gesicht geschrieben - aber »was zwischen den beiden Menschen abläuft, ist deren Sache, nicht meine«, sagte Katz. Künstlerisches Kalkül und die Möglichkeiten der Malerei stehen für den 1927 in New York geborenen Katz im Vordergrund. Ihm kommt es auf die Fixierung des Augenblicks an, wie im extremen Hochformat »Jessica« von 1988, in dem eine spürbar selbstbewusste junge Frau - am äußersten rechten Bildrand nur im extremen Anschnitt zu sehen - einen Raum zu betreten scheint. Eine Filmszene ist es allemal, wie auch das fröstelnde junge Paar (»Couple«/1996) vor nachtschwarzem Himmel.
Die samtschwarze Nacht wird nur von wenigen Auto- und Straßenlampen oder schwach beleuchteten Fenstern in den Stadtlandschaften von Alex Katz durchbrochen. Subtil reflektiert das Licht auf regennassem Asphalt wie in »Bond Street 1« (1998), schimmern graue Bäume vor dunklen Hausfassaden wie in der melancholischen »Grey Night« von 1999.
Zwischen Puppe und Persönlichkeit liegen die meist großformatigen Porträts des Amerikaners: »Yi« (2005), eine junge Frau aus dem Katz-Personal der New Yorker Upper-Class-Boheme, schaut den Betrachter aus knallpinkem Hintergrund herausfordernd an. Die in magisch-fahlem Licht stark vergrößerten Köpfe des Liebespaars »Peter and Linda« (1966) sind für Katz eher eine Studie über die Darstellung von Räumlichkeit auf der Leinwand als gemalte Erotik.
www.langenfoundation.de

Artikel vom 06.09.2006