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Berlin soll Israelis drängen

Diplomatische Verwicklung noch vor Entsendung der Bundesmarine

Beirut/Berlin (dpa). Der Libanon will die Bundesregierung um die Entsendung deutscher Marinesoldaten zur Sicherung seiner Küste bitten.
Der Beginn dieses Einsatzes wird sich jedoch verzögern, da die libanesische Regierung Bedingungen stellt. Ein Mitarbeiter von Ministerpräsident Fuad Siniora sagte gestern in Beirut, die Regierung werde die fertig formulierte Truppen-Anforderung erst nach Berlin und zu den Vereinten Nationen in New York schicken, wenn Israel seine Luft- und Seeblockade gegen den Libanon aufhebe.
Westliche Beobachter in der Region erklärten, Beirut versuche indirekt, die Bundesregierung dazu zu bringen, Druck auf Israel auszuüben, damit die Blockade aufgehoben wird. UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte in Ägypten, er sehe gute Chancen für eine baldige Aufhebung der Blockade. Der libanesische Parlamentspräsident Nabih Berri hatte die arabischen Staaten zuvor aufgerufen, die Blockade zu durchbrechen und Schiffe nach Libanon zu schicken.
Das Pariser Außenministerium erklärte unterdessen, Frankreich könne die Überwachung der Küste »befristet in der Erwartung einer Ablösung durch andere Staaten übernehmen«. Paris hat mehrere Kriegsschiffe mit 1700 Matrosen vor Ort. Die deutschen Schiffe würden nach einem Beschluss des Bundestages 17 Tage brauchen, um vor Ort einsatzbereit zu sein.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bekräftigte, die Bundesregierung werde nach einer Anfrage des Libanons zügig handeln. »Wir wollen das Schreiben sehen und dann werden wir entscheiden.« Eine Entscheidung des Bundestags über den Libanon-Einsatz noch in dieser Woche wird immer unwahrscheinlicher.
In dem Entwurf für die libanesische Truppen-Anforderung an Berlin heißt es nach Angaben aus Regierungskreisen in Beirut, die deutschen Schiffe sollten mindestens sieben Seemeilen (13 Kilometer) von der libanesischen Küste entfernt kreuzen. Damit wären sie innerhalb libanesischer Hoheitsgewässer (zwölf Seemeilen) stationiert. Den Küstenstreifen werde die libanesische Marine kontrollieren. Bei der Frage, welche Soldaten wo genau stationiert werden, geht es vor allem darum, ob die Deutschen auch mögliche Waffenlieferungen an die Hisbollah auf dem Seeweg verhindern können.
Die pro-iranische Hisbollah hatte während der Debatte über den Entwurf »Bedenken« angemeldet. Vertreter der Partei erklärten, in der UN-Resolution 1701 zum Libanon-Konflikt sei lediglich von einer Stationierung der UN-Truppe südlich des Litani-Flusses die Rede. Eine Kontrolle der Küste untergrabe die Souveränität des Libanon. Siniora habe daraufhin erklärt, dies könnte aber auf Wunsch der Regierung geschehen, und die Mehrheit der Regierungsmitglieder halte eine Kontrolle durch die Deutschen für sinnvoll.
Die israelische Regierung hatte in der vergangenen Woche erklärt, die Voraussetzung für ein Ende der Blockade sei noch nicht gegeben. Erst wenn die verstärkten UNIFIL-Friedenstruppen und die libanesische Armee das Waffenembargo gegen die Hisbollah gemäß der UN-Resolution durchsetzen könnten, sei eine Aufhebung der Blockade möglich, sagte der israelische Verteidigungsminister Amir Perez. Themen der Zeit: Hintergrund und Kommentar

Artikel vom 06.09.2006