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Schwarz-Rot fehlt
Wille zur Reform

Clement kritisiert Merkel-Regierung

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Die wichtigste und größte Reform der vergangenen Jahre war die Agenda 2010. »Ihr hat die Große Koalition bislang noch nichts wirklich Großes hinzugefügt«, sagte der frühere Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) gestern in Bielefeld.

Während Ex-Kanzler Gerhard Schröder mit seiner Agenda eine »Erneuerung Deutschlands an Haupt und Gliedern« angestoßen habe, marschiere die Nachfolge-Regierung heute teilweise wieder in die falsche Richtung. Clement nannte als Gastredner beim »Liberalen Netzwerk« insbesondere die so genannte Reichensteuer und das Gleichbehandlungsgesetz.
Auch der Ausstieg aus der Kernenergie, den er noch vor kurzem als Mitglied der Rot-Grünen Koalition selbst mitvertreten hat, müsse im Licht weltpolitischer Veränderungen überdacht werden. Clement forderte eine Wende in der Atompolitik. Er glaube aber nicht, dass die Große Koalition hier etwas verändern werde. Versuchte sie es, könnte dies das Bündnis wegen des Widerstandes großer SPD-Teile sprengen.
»Schon vom Ansatz falsch« ist Clement zufolge der vereinbarte Gesundheitsfonds. Statt dieser »Geldverteilmaschine« brauche das Gesundheitssystem mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung. »Dies gilt übrigens auch für die Apotheken«, fügte Clement, der nach der Wahl von der Politik in die Wirtschaft wechselte, hinzu.
Deutschland müsse sich vom Sozialstaat zur Wissensgesellschaft wandeln. Nach wie vor werde aber die Hälfte des Bundeshaushalts für Sozialausgaben verwandt. Weitere 15 Prozent dienten dazu, Zinsen zu begleichen. Dagegen gingen nur zehn Prozent in wirkliche Investitionen.
Die Freiheit der Wissenschaft sei - etwa durch das Gesetz zur Stammzellen-Forschung - eingeengt. Eine wirkliche Föderalismusreform hätte eine Neugliederung der Länder erfordert -Êdamit starke Länder in starkem Maß die Bildung fördern könnten.
Als positiv erwähnte Clement die Schritte der Regierung zur Budgetsanierung. Dies aber sei bei weitem zu wenig: »Den wirklich wichtigen Aufgaben verweigert sich die Große Koalition.«

Artikel vom 06.09.2006