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Trainer Löw fordert
Torjagd für die Fans

Deutschland diskutiert nur die Höhe des Sieges

San Marino (dpa). 4:0, 8:0, 10:0? Joachim Löw sind die heißen Diskussionen über ein Schützenfest zwar gar nicht recht, aber vor dem erwarteten Preisschießen der deutschen Fußballer in San Marino wird an der italienischen Adria selbst in der Mannschaft nur über die Höhe des Ergebnisses diskutiert.
»Was ich erwarte, ist ein gewisser Torhunger«, erklärte sogar der Bundestrainer vor dem zweiten EM-Qualifikationsmatch der DFB-Elf (heute, 20.45 Uhr/ZDF) Die Mannschaft würde zwar auch dem krassen Außenseiter wie jedem anderen Respekt zollen. »Dennoch ist klar, dass wir das Spiel gewinnen wollen und gewinnen werden«, betonte Löw.
Der mit 16:0 höchste Sieg einer DFB-Elf von 1912 gegen Russland dürfte zwar beim Auftritt des Löw-Teams vor 5000 Zuschauern auf dem Sportplatz von Serravalle nicht in Gefahr geraten. Doch den Auswärts-Rekord, der seit März 1934 bei einem 9:1 in Luxemburg steht, könnten WM-Torschützenkönig Miroslav Klose und Lukas Podolski durchaus ins Visier nehmen. »Da werden wir keine Gnade zeigen«, erklärte Bastian Schweinsteiger vor dem ungleichen Duell gegen die »Dilettanti« (italienisch für Amateure) der Nummer 191 in der Welt.
Löw wies trotz der klar verteilten Rollen auch auf Probleme hin: »Es ist nicht ganz so einfach, die Mannschaft emotional auf das Spiel einzustimmen.« Vor der Haustür des Teamhotels »Des Bains« in Riccione tobt bei 30 Grad und Sonnenschein das Strandleben, mit den Namen der Konkurrenten können die deutschen Spieler nichts anfangen. Der Bundestrainer bat deshalb einige Akteure zum Einzelgespräch, um herauszufinden, ob die Motivation stimmt. »Es ist wichtig, dass wir von Beginn an die richtige Einstellung finden. Wenn wir Probleme bekommen, dann nur durch unsere eigenen Nachlässigkeiten«, machte Löw deutlich.
Der 46-jährige Chefcoach will vor allem die bei der berauschenden WM entstandene Identifikation der Fans mit den Nationalspielern nicht gefährden. »Im Stadion sind nur 5000. Aber wir spielen im TV vor einem Millionen-Publikum. Da haben wir eine Verantwortung, ein gutes Spiel zu machen«, bemerkte Löw. Vom bewährten 4-4-2-System wird er nicht abrücken, wohl aber im Mittelfeld den defensiv ausgerichteten Torsten Frings durch dessen offensiven Teamkollegen Tim Borowski ersetzen. In der Abwehr sollen die Außenverteidiger »einfach vor ins Mittelfeld rücken«, um die Angreifer Klose/Podolski häufig mit Flanken in Position zu bringen.
Der Bremer Klose und Kapitän Michael Ballack könnten ihre jeweils erzielten 31 Länderspiel-Treffer aufstocken und damit in die »ewigen« Top Ten der Nationalmannschafts-Torjäger aufrücken. Allerdings sind sich die deutschen Spieler der Kampfkraft des Fußball-Zwerges durchaus bewusst. »Wir alle haben früher mal in kleinen Vereinen gespielt und wissen, wie motiviert man da gegen Große ist«, erinnerte sich der Gladbacher Marcell Jansen.

Artikel vom 06.09.2006