05.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Anwalt hatte Kenntnis
von dem Betrugskartell

Geldwäsche: Zehn Monate Bewährungsstrafe

Bielefeld (uko/ag). Einer der kuriosesten Fälle von Versicherungsbetrug ist jetzt auch einem Bielefelder Rechtsanwalt zum Verhängnis geworden. Jurist Uwe F. (46) ist Montag vom Amtsgericht wegen vorsätzlicher Geldwäsche zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Insgesamt 815000 Euro hatten zwei Versicherungen dem Gärtner Heinrich J. (56) ausgezahlt, weil ihm angeblich bei mehreren Unfällen die Beine gebrochen worden waren. Die Wahrheit war: Gemeinsam mit seiner Freundin Birgit K. (41) und zwei Komplizen waren diese Vorfälle fingiert worden, um die Versicherungen zu betrügen. Heinrich J. hatte sich freiwillig auf die Straße gelegt, hatte sich von einem Auto überfahren lassen.
»Geld stinkt doch«, sagte gestern Oberstaatsanwalt Rainer Kahnert und spielte damit auf den Streit des Betrüger-Quartetts an, der so richtig nach der Auszahlung des Geldes entfacht wurde. Birgit K. vereinnahmte den Löwenanteil für sich, versuchte sich die einstigen Komplizen mit Hilfe des Bielefelder Rechtsanwalts Uwe F. vom Hals zu halten. Das Schöffengericht unter Vorsitz vom Amtsrichterin Astrid Salewski und Kahnert waren nach dem gestrigen Prozess zweifelsfrei davon überzeugt, dass F. in einem Fall sogar den Löwenanteil in Höhe von 215 000 Euro verwahrte, dass er selbst für sich 34 000 Euro einbehielt und zudem an Bielefelder Kollegen 32 000 Euro als »Honorar« auszahlte.
Diese beiden Juristen hatten danach dazu beigetragen, zwischen den zerstrittenen Betrügern »Anwaltsvergleiche« zu initiieren. Der Zwist indes war damit nicht beigelegt, sondern eher noch geschürt worden: Birgit K. wandte sich an einen früheren Sozius des Uwe F. und zeigte ihren ehemaligen Rechtsanwalt unter anderem der Gebührenüberhöhung an. Die Staatsanwaltschaft ließ die Kanzlei des Juristen durchsuchen und fand so überhaupt erst Hinweise auf den abenteuerlichen Fall von Versicherungsbetrug. Das Quartett wanderte hinter Gitter, ist mittlerweile auch rechtskräftig abgeurteilt. Das Landgericht Bielefeld verhängte gegen die Drahtzieherin des Komplotts, Birgit K., acht Jahre Haft. Gärtner Heinrich J. kam im Hinblick auf die Spätfolgen mit zwei Jahren Bewährungsstrafe davon. Der Mann kann zwar wieder ohne Hilfsmittel laufen, ist aber schwer behindert und Frührentner.
Rechtsanwalt Uwe F. versuchte am Montag vergeblich, Gericht und Oberstaatsanwalt von seiner Unschuld zu überzeugen. »Das war unglaublich, einfach irre, das konnte man nicht glauben. Wir haben alle darüber gelacht.« Birgit K. hingegen stellte als Zeugin noch einmal klar, dem Juristen klar die unrechtmäßige Herkunft des Geldes als Versicherungsbetrug geschildert zu haben. Gericht und Anklagevertreter maßen zudem vielen telefonischen Kurzmitteilungen (SMS) untrügliche Beweiskraft zu. Darin hatte es unzweifelhafte Hinweise auf den Versicherungsbetrug gegeben. - Uwe F. ist nach eigenen Angaben derzeit wegen des schwebenden Verfahrens in wirtschaftlicher Not. Sollte das Urteil des Amtsgerichts rechtskräftig werden, so drohen ihm obendrein standesrechtliche Konsequenzen.

Artikel vom 05.09.2006